Infektionschutzgesetz: Warum ich wie abstimme

Ich bin nicht zufrieden.


Ich bin nicht zufrieden damit, dass die GroKo von Mai bis jetzt braucht, um endlich einzusehen, dass die gesetzlichen Grundlagen für die Corona-Maßnahmen nicht ausreichen. Ich finde es unerhört, dass Monate vertan wurden, in denen man in Ruhe viel besprechen und verhandeln hätte können, was jetzt innerhalb von wenigen Tagen geschehen musste.

Wie werde ich über das Infektionsschutzgesetz abstimmen?


Aber wenn ich mich heute entscheiden muss zwischen Zustimmung oder Ablehnung – Enthaltung ist keine Option für mich – dann werde ich zustimmen.


Warum? Weil die Corona-Maßnahmen dringend Kontrolle and Balance brauchen. Wir brauchen eine gesetzliche Grundlage, die die Bundesländer in ihrer Entscheidung endlich einhegt und strengere Kriterien anlegt. Und wir Grüne haben unsere Punkte auch in Abstimmung mit den grün-regierten Bundesländern getroffen, die diese mittragen. Wir haben eine stärker Beteiligung des Parlaments erreicht und weil das ein Erfolg ist, werde ich mit JA stimmen.

Was haben wir erreicht?

  • Die Rechtsverordnungen müssen begründet werden und sind auf 4 Wochen zu befristen. Mit der Befristung wird sichergestellt, dass neue Entwicklungen berücksichtigt werden und ob eine Aufrechterhaltung verhältnismäßig wäre.
  • Wenn Bundesländer wegen lokal fortdauernden Infektionsgeschehen über die epidemische Lage von nationaler Tragweite hinaus Maßnahmen aus § 28a IfSG-E ergreifen, muss das durch die Landesparlamente beschlossen werden.
  • Die Eingriffsbefugnisse des neu zu schaffenden § 28a IfSG sind an die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Bundestag im Sinne von § 5 Abs.1 S.1 IfSG gebunden. Hebt der Bundestag die nationale Pandemielage auf, sind die besonderen Schutzmaßnahmen nach dem neu einzufügenden § 28a IfSG nicht mehr anwendbar. Zwar hat der Bundestag das Recht die nationale Pandemielage festzustellen und aufzuheben, es fehlte jedoch bisher an einer gesetzlichen Definition auf dessen Grundlage der Bundestag dies entscheidet. Diesem Missstand wird nun durch die Einführung einer Definition in § 5 IfSG begegnet. Danach liegt eine nationale Pandemielage vor, wenn die WHO eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite ausruft und die Einschleppung nach Deutschland droht oder eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen Krankheit über mehrere Länder in Deutschland droht.
  • Der Zweck der Maßnahmen – Schutz von Leben und Gesundheit sowie Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens – ist näher konkretisiert.
  • Beschränkungen und Untersagungen von Kulturveranstaltungen werden nicht mehr gleichrangig mit Einschränkungen anderer, etwa Freizeitveranstaltungen genannt. Damit wird dem besonderen verfassungsrechtlichen Rang von Kunst und Kultur Rechnung getragen. In der Begründung wird ausdrücklich auf den Verfassungsrang hingewiesen.
  • Besuchsbeschränkungen in Alten-/ Pflegeheimen, Geburtshilfestationen oder Krankenhäusern für enge Familienangehörige sind nur unter erhöhten Voraussetzungen zulässig. Solche Beschränkungen dürfen nicht zur Isolation von Personen oder Gruppen führen. Ein Mindestmaß an sozialen Kontakten muss gewährleistet bleiben.
  • Die Untersagung von Versammlungen und Zusammenkünften, die unter dem Schutz der Religionsfreiheit stehen, ist nur unter erhöhten Voraussetzungen und nur dann, wenn andere Schutzmaßnahmen nicht ausreichend sind, zulässig.
  • Generelle Ausgangsbeschränkungen sind nicht möglich, sondern nur – unter erhöhten Voraussetzungen – Beschränkungen des Ausgangs zu bestimmten Zeiten oder Zwecken.
  • Die Kontaktdatenverarbeitung ist auf den Zweck der Nachverfolgung von Kontaktpersonen zur Eindämmung der Verbreitung der Infektion beschränkt, ebenso die Weitergabe. Löschungsfrist 4 Wochen.
  • Während ihrer Dauer wird eine mündliche Berichtspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag eingeführt.
  • Für Reha-Einrichtungen wird steuerfinanziert ein finanzieller Ausgleich gezahlt, wenn sie infolge der Pandemie weniger Behandlungen vornehmen können.

Was muss dringend noch ergänzt werden?

Meiner Meinung nach brauchen wir unbedingt einen Pandemierat, der weitere Kriterien neben den Inzidenzen zum Infektionsgeschehen beiträgt und die Gesellschaft weiter und verstärkter einbindet. Dieses Gesetz kann nur der Einstieg in die Parlamentsbeteiligung sein.


Ich werde mich als eure Vertreterin im Bundestag weiterhin für mehr Mitsprache stark machen.