Fachgespräch: Klimaschutzgesetz und Kohleausstieg

Der Ist-Stand der Klimapolitik sieht alles andere als rosig aus. Seit Amtsantritt der Bundesregierung wurde bislang kein Gesetzesentwurf im Klimabereich vorgelegt, der über die Unverbindlichkeit der Ziele des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung hinausgeht. Ein Klimaschutzgesetz kann da genau die dringend erforderlichen Maßnahmen klimapolitischer Instrumente bieten, sodass sektorübergreifend die nationalen Klimaziele erreicht werden können.

 

Gemeinsam mit den Referent*innen des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI), des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Stiftung Umweltenergierecht haben wir in einem Fachgespräch über die Frage diskutiert: Was muss ein Klimaschutzgesetz leisten?

Großteil der Lösung muss aus der Wirtschaft kommen

Aus der Perspektive der Wirtschaft braucht es Planbarkeit bei der Transformation, eine ganzheitliche Betrachtung, Klimaschutz im Lichte der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, Technologie-offenheit und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz, um das Klimaschutzziel für 2050 zu erreichen. Sektorscharfe Klimaschutzziele, wie im Entwurf des Bundesumweltministeriums für ein Klimaschutzgesetz festgelegt, könnten dies nicht erreichen. Der BDI erachtet darüber hinaus das Vorgehen der GroKo beim Klimaschutzgesetz als politisch unklug. Denn besonders auch der Wirtschaftssektor ist sich im Klaren: die klimaneutrale Transformation ist machbar und bei einer konsequenten und konsistenten Wirtschaftspolitik wird sie langfristig zu volkswirtschaftlichen Gewinnen führen. Und dies zeigt: Industrie und Wirtschaft sind der GroKo bereits voraus.

GroKo Klimaziele sind nicht „Paris konform“

Aus Sicht des BUND sei ein Klimaschutzgesetz schon allein deshalb notwendig, weil der Maßnahmenkatalog der Kohlekommission gerade einmal die GroKo-Klimaziele umsetzt. Doch diese stehen nicht im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen durch das Pariser Abkommen. Ein Klimaschutzgesetz muss deshalb diese  sieben Kriterien erfüllen: (1) die Klimaziele müssen nachgeschärft und „Paris kompatibel“ formuliert sein, (2) Verbindlichkeiten müssen festgelegt und das dauerhafte Versagen der nationalen Klimapolitik gestoppt werden, (3) alle Sektoren sind in der Verantwortung, (4) wodurch es jährliche Emissionsreduktionen in allen Sektoren bedarf, (5) es sind klare Sanktionen für die Zielverfehlung festzulegen, (6) muss sofortige Nachsteuerung eine Handlungsoption sein, (7) und nicht zuletzt bedarf es einer unabhängigen Prüfung der klimapolitischen Zielstellung und der Umsetzung. Denn letztlich gießt der Entwurf des Klimaschutzgesetzes nur die ohnehin geltenden internationalen Vorgaben in ein Gesetz.

Ein Gesetz ersetzt keine konkreten Maßnahmen

Ein Klimaschutzgesetz kann Verantwortlichkeiten benennen und Rahmenbedingungen legen – klimapolitische Maßnahmen kann ein solches Gesetz allerdings nicht umsetzen. Der BUND fordert deshalb deutlich sowohl ein Klimaschutzgesetz als auch ein Maßnahmengesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. Eine dieser Maßnahmen muss ein rechtsverbindliches Kohleausstiegsgesetz sein, sowie Klimaschutz-maßnahmen, die bereits 2020 nennenswerte Emissionsreduktion bewirken. Eine Verhandlung der Landesregierung mit dem RWE Konzern muss hier schnell Einigkeit und Klarheit bringen, was auch für den kompletten Kohleausstieg gelte. Und schließlich müsse schon 2023 und spätestens 2026 ernsthaft darüber nachgedacht werden, komplett aus der dreckigen Kohle auszusteigen.

 

Damit ein Gesetz zum Kohleausstieg zeitnah erarbeitet und der Entwurf des Klimaschutzgesetzes noch in diesem Jahr im parlamentarischen Prozess diskutiert wird, braucht es die Zivilgesellschaft und den Druck der Öffentlichkeit. Denn nur ein Klimaschutzgesetz und ein Ausstieg aus der Kohle könnte das dauernde Zielversagen im Klimaschutz verhindern.

 

Die Stiftung Umweltenergierecht fordert eine offene Debatte über die Verankerung des Klimaschutz in der Verfassung, was ein starkes Signal für den Klimaschutz und an das Handeln der Politik sendet. Dies wird durch die Tatsache gestützt, dass das derzeit diskutierte Klimaschutzgesetz eine Bindung des Gesetzgebers nicht erreichen kann, da es jederzeit zu Abänderungen kommen könnte.  Zentrale Funktion eines Klimaschutzgesetzes mit einem im Referentenentwurf des BMU erwähnten Fachgremium könne jedoch  das „naming, blaming shaming“, d.h. das Erkennen und Benennen von Zielverfehlungen und deren Verantwortlichen sein.

Fazit

Fest steht: Ein Klimaschutzgesetz muss noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Dabei ist das Spannungsfeld zwischen juristischer Machbarkeit und ökologischer Wirksamkeit ganz genau auszutarieren. Die Diskussion um ein wirksames Klimaschutzgesetz gilt es weiterhin fortzuführen und zu stärken: Nicht nur auf der Straße durch die wöchentlichen Schüler*innenstreiks und Demos, sondern ganz konkret im Parlament. Ob der Entwurf des Bundesumweltministeriums eins zu eins in die Kabinettsabstimmung gebracht wird bleibt abzuwarten. Doch klar ist, dass eine weitere Verwässerung der Vorschläge nicht hinnehmbar ist – besonders nicht im Namen kommender Generationen.