Kabinettsbeschluss zum Kohleausstieg

Lisa Badum, Sprecherin für Klimapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion:

„Der Kohleausstieg wird mit diesem Gesetz zum Millionengrab und der Effekt fürs Klima geht gegen Null. Der Kohlekompromiss war schon nicht mit den Pariser Klimazielen vereinbar, dieses Kohlegesetz fällt weit dahinter zurück und legt nochmal 40 Tonnen Mehremissionen drauf. Der Klimaschutz kommt hier vom Regen in die Traufe.

Die Kohlemeiler bringen jetzt schon deutlich weniger Geld ein und der Kohlestrom ist alleine in den letzten Monaten über 30 Prozent eingebrochen. Trotzdem ist eine Änderung des Ausstiegsdatums 2038 erst ab dem viel zu späten Revisionsdatum 2026 und mit vorheriger fünfjähriger Ankündigung möglich.

Einen Vertrag im Hinterzimmer auszudealen und dem Parlament dann nach dem Motto „friss oder stirb“ hinzulegen, greift unsere demokratischen Gesetzgebungsprozess an. Noch nie hat es einen öffentlich-rechtlichen Vertrag in dieser Form gegeben, der jegliches Eingreifen über Ordnungsrecht ausschließt. Parlament und Klimaschutz werden hier von der Bundesregierung in Geiselhaft genommen. Dieser Vertrag darf so nicht verabschiedet werden.“

Hintergrund

Klima:

  • Kohleausstieg 2038 macht Deutschland zum letzten Land Europas, das aus der Kohle aussteigt (Polen plant 2040/45, hat aber nicht beschlossen)
  • Abweichungen von der Kohlekomission macht rund 40 Millionen Tonnen CO2 Mehremissionen als im Kompromiss vereinbart (DNR) – dabei war der Kohle-Kompromiss noch nicht einmal kompatibel mit dem Pariser Klimaabkommen
    •  Zur Erinnerung: 1 t CO2 lässt 3 Kubikmeter Eis in der Arktis schmelzen
  • In der Präambel des ö-r Vertrags steht (S.6):  Die Vertragsparteien nehmen zur Kenntnis, dass die Europäische Kommission eine Erhöhung des 2030-Klimaziels der Europäischen Union auf eine Minderung der Treibhausgasemissionen um 50-55 Prozent gegenüber 1990 vorgeschlagen hat und dass Deutschland diesen Vorschlag begrüßt. Es wird nicht „rechtsverbindlich“ eingeschlossen, dass es zu schnelleren Emissionsminderungen kommen muss
  • Kein früherer Ausstiegspfad vor dem Evaluationszeitpunkt 2026 möglich und Ausstieg muss 5 Jahre vorher angekündigt sein:

nachträgliche Verkürzung der im Stilllegungspfad angegebenen Stilllegungszeitpunkte, es sei denn, die Verkürzung erfolgt im Rahmen einer vorzeitigen Stilllegung nach § 22 Absatz (2), die gemäß § 22 Absatz (2) lit. a) mindestens fünf Jahre vor dem Zeitpunkt beschlossen wird, zu dem die jeweilige Braunkohleanlage vorzeitig stillgelegt werden soll

(4) Den Vertragsparteien ist bekannt, dass es zu Änderungen der Verhältnisse kommen kann, insbesondere im Rahmen der nach § [49 KVBG i.V.m. § 51 KVBG] in den Jahren 2022, 2026, 2029 und 2032 erfolgenden Überprüfungen der Auswirkungen der Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung. Im Rahmen der umfassenden Überprüfungen in den Jahren 2026, 2029 und 2032 soll bezüglich des Stilllegungspfades auch geprüft werden, ob der Stilllegungszeitpunkt für die Braunkohleanlagen nach dem Jahr 2030 jeweils bis zu drei Jahre vorgezogen werden kann, ohne dabei den nach dem Stilllegungspfad für eine Braunkohleanlage vorgesehenen Überführungszeitpunkt zu verändern oder den Zeitraum in der Sicherheitsbereitschaft zu verkürzen.

  • Löschung Zertifikate und eventuell Wasserbetteffekt
    CO2-Preis § 21
    Wesentliche Änderung
    1b) Einführung einer gezielt auf die Verfeuerung von Braunkohle bezogenen Bepreisung von CO2-Emissionen, wobei die gezielte Belastung über die relative Mehrbelastung aufgrund der hohen CO2-Emissionsintensität der Verfeuerung von Braunkohle hinaus geht

    keine wesentliche Änderung
    4)Vorbehaltlich Absatz (5) begründen andere Änderungen der Verhältnisse als die in Absatz (1) genannten wesentlichen Änderungen für die Vertragsparteien keine Ansprüche auf Anpassung nach Absatz (2). Solche nicht wesentlichen Änderungen liegen insbesondere in den folgenden Fällen vor: a) Jegliche Veränderungen in Bezug auf bestehende oder künftige CO2-Bepreisungsmodelle auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Dies umfasst explizit alle Änderungen des Europäischen Emissionshandelssystems, ist jedoch nicht darauf beschränkt.

Entschädigungen

  •  deutliche Erhöhung des Kohle-Ersatzbonus
  • RWE – unverändert
  • LEAG
    • unabhängiges Gutachten zu den Entschädigungen inkl. Begründung wird nicht veröffentlich (schriftliche Antwort aus der BReg liegt dazu vor)
    • Summe – nicht nachvollziehbar und intransparente Berechnungsgrundlage

(1) Die Vertragsparteien gehen gemeinsam davon aus, dass die in § 10 in Verbindung mit § [44] KVBG geregelten Entschädigungsansprüche ohne weitere Bedingungen mit Abschluss dieses Vertrages entstehen.

  • Höchstpreise für die Ausschreibungen in der Steinkohle werden erhöht sowie die Ausschreibungen für Steinkohle um ein Jahr (bis 2027) verlängert (§ 19)
  • Verfahren –  Sachsen und Brandenburg haben sich in §44 neu  Absatz 2 die Möglichkeit zusichern lassen, dass Gelder aus den Entschädigungen an die LEAG auch an einen Treuhänder überwiesen werden können. U.E. geht es hier um eine Sicherung von Geldern für die Rekultivierung der Tagebaue

Öffentlich-rechtlicher Vertrag

  • erst keine Zustimmung durch BT, nach Kritik nun doch wieder eingefügt (im Verfahren)
  • Vertragliche Vereinbarungen für eine Entscheidung mit der Tragweite des Kohleausstiegs sind rechtlich unerprobt und können das von der Regierung angestrebte Ziel der Rechts- und Planungssicherheit für den Ausstieg daher nicht gewährleisten.
  • Die vertraglichen Vereinbarungen wurden hinter verschlossenen Türen mit den Braunkohlebetreibern ausgehandelt. Diese intransparente Vorgehensweise geht zulasten der Demokratie sowie des Klima- und Umweltschutzes.
  • Die Verträge setzen die Regierung zusätzlichen Schadensersatzzahlungen aus, wenn künftige Klimaschutzmaßnahmen von den Betreibern als Vertragsbruch angesehen werden.

Sonstiges

  • S. 191: Der Erhalt des Hambacher Forst taucht nur in der Begründung/ im Prosateil auf. Keine rechtliche Absicherung weiterhin, dass der Forst nicht abgebaggert wird
  • Bei der regelmäßigen Überprüfung der Auswirkungen des Kohleausstiegs, u.a. um das frühere Ausstiegsdatum zu prüfen, sollen jetzt auch die Auswirkungen auf Rohstoffe, insbesondere auf Gips, geprüft (§54 neu) Zudem soll 2026 auch geprüft werden, ob eine Gesetzesanpassung für Steinkohleanlagen, die seit 2010 in Betrieb genommen wurden, notwendig wird.
  • §58 (neu): Es soll ein Förderprogramm für klimaneutrale Wärme geben. Die Summe ist unklar.

Offene Fragen

Was passiert mit zusätzlicher Sicherheitsbereitschaft, welche Gelder werden dafür kassiert oder anders gesagt wann legt man einfach still wenn es unwirtschaftlich wird und wann gibt man es in die Sicherheitsbereitschaft und kassiert erneut?

Quellen