Bamberg muss schnell Konzept für Fördergelder vom Bund entwickeln

Der Strukturwandel löst sich nicht von allein

Die Bundesregierung verspricht im Rahmen ihres Konjunkturpaketes ein Bonusprogramm für die Automobilbranche in Höhe von zwei Milliarden Euro. Innovationen sollen gefördert werden. Doch wer und auf welchem Wege profitiert ist noch unklar und genau hier liegt die Chance für Ideen aus der Region. Moderiert von Ute Schmid, Professorin für Angewandte Informatik an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und Mitglied des Bamberger Zukunftsrates, diskutierten neben der Grünen Abgeordneten Lisa Badum Vertreter der regionalen Wirtschaft und der Wissenschaft im Rahmen einer Podiumsdiskussion dieser und weiteren Fragen rund um den Transformationsprozess in der Automobilbranche.

Schon vor Corona sah sich die Automobilbranche vor Umsatzeinbußen und mitten im Strukturwandel, was besonders auch die mittelständischen Zulieferbetriebe der Region traf. Nun verschärft die Coronakrise die bestehenden Probleme noch weiter. Eine Prämie für E-Autos allein wird die Probleme nicht lösen. „Gerade die kleinen und mittelständischen Zulieferbetriebe können der Krise trotzen, die Innovationen sind da, auch unabhängig vom Antriebsstrang, nur wir müssen die Menschen mit nehmen. Denn sie sind unser größtes Potential“, betonte Lisa Badum und spricht in diesem Rahmen von einer verpflichtenden Qualifizierung in Kurzarbeitsphasen und klaren politischen Leitlinien, wie einem Enddatum für den Verbrenner, sodass sich die Unternehmen einstellen können. 

„Die Branche braucht fünf bis zehn Jahre, um sich umzustellen. Wir brauchen einfach Zeit“, meinten Timo Piwonski von der Firma iprotex und Markus Zirkel, Betriebsrat bei Schaeffler Hirschaid. „Für uns bei Schaeffler ist die Art des Antriebsstranges und die Fortschritte der Digitalisierungsprozesse für eine gelingende Transformation entscheidend“, stellte Zirkel fest. „Letztendlich geht es darum, Nischen zu finden und Abhängigkeiten zu verringern oder zumindest abzufedern“, beschrieb hingegen Timo Piwonski. Diversifizierung heißt hier das Stichwort, dass das Unternehmen mit Standort im oberfränkischen Münchberg vorbildlich verfolgt. Neben der Automobilbranche stellen sie ihre technischen Textilien auch für Bahn und Flugzeug her.

Von Autoherstellern zu Mobilitätsdienstleistern – so lautet die Vision für die Zukunft.  „Wir müssen uns überlegen, wie eine Person qualifiziert werden muss, die zukünftig nicht mehr nur Autos verkauft, sondern Dienstleistungen der Mobilität“, erläuterte deshalb Karl-Heinz Gerholz, Professor für Wirtschaftspädagogik an der Otto-Friedrich-Universität und forderte weiter: „Wir brauchen einen verstärkten Dialog zwischen Bildungs- und Beschäftigungsystem.“ Er meint damit Kooperationen zwischen regionalen Unternehmen und der Universität. Eine Forderung, die auch Timo Piwonski von der Firma iprotex und Markus Zirkel, Betriebsrat bei Schaeffler Hirschaid zustimmten. Markus Zirkel erläuterte: „Wir bei Schaeffler haben bereits Innovationen, zum Beispiel im Bereich Autonomes Fahren. Für uns geht es vor allem auch darum, wie wir Qualifizierungspotentiale ins Unternehmen bekomme und auch intern beispielsweise einen Industriemechaniker zum Digitalisierungsmanager qualifizieren können. Und dabei brauchen wir dringend Hilfe.“

„Der Strukturwandel der Branche löst sich nicht von allein, wir müssen das konsequent forcieren. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt alle Gelder doppelt einsetzen: für eine kurzfristige Wirtschaftsstabilisierung und einen nachhaltigen Strukturwandel“, so Lisa Badum. Denn es ginge eben nicht nur um Wirtschaftspolitik, sondern besonders auch ums Klima. „Wir dürfen diese Krise einfach nicht verschwenden.“ Dass Bamberg mit den richtigen Investitionen zur Beispielregion für Transformationsprozesse heranwachsen kann, darüber waren sich alle Diskutanten einig. Gemeinsam mit Markus Zirkel und Timo Piwonski verabschiedete Lisa Badum zu Ende der Diskussion deshalb einen Pakt für die Region. Gemeinsam wolle man sich weiter dafür einsetzen, Mittel in die Region zu holen, Innovationen zu fördern und vor allem die Zusammenarbeit zu stärken. Zeitnah müssen Stakeholder nun gemeinsame Kriterien für die Transformationsregion Bamberg und Franken entwickeln und diese dem Bundeswirtschaftsministerium vorstellen.