Krokodilstränen: Konzerne und der Atomausstieg

Heute gegen 10 Uhr verkündet das Bundesverfassungsgericht, ob die Bundesregierung drei Stromkonzerne für den Beschluss zum endgültigen Atomausstieg von 2011 entschädigen muss. Es geht hier um rund 19 Mrd. €. Beobachter erwarten ein sehr komplexes Urteil, das den Energieriesen möglicherweise auch nur in bestimmten Punkten stattgeben könnte. Welche Forderungen sich daraus am Ende ableiten lassen, ist deshalb kaum vorherzusagen.

(Grafik: Stromreport)

Drei Atomriesen gegen die Bundesregierung

Geklagt haben die drei Energieriesen E-ON, RWE und VATTENFALL, die um die Feststellung kämpfen, dass die Entscheidung der Bundesregierung für den beschleunigten Atomausstieg einer Enteignung ihrerseits gleichkommt, für die sie nie eine Entschädigung erhalten haben.

Fukushima und die Laufzeitverkürzung

Nach dem Atomunglück in Fukushima im März 2011 wurde die im Vorjahr beschlossene Laufzeitverlängerung für die 17 deutschen Nuklearmeiler gekippt, acht der Anlagen mussten sofort vom Netz, alle anderen Betriebsgenehmigungen erlöschen bis spätestens 2022.

Präzedenzfall – 19 Milliarden Euro Entschädigung

Das Karlsruher Urteil soll die Basis für weitere Prozesse sein. Eine Gesammtsumme des Schadensersatzes für ihre wirtschaftlichen Einbußen haben die Energieriesen nie offen genannt, nach Schätzungen und Brancheninformationen handelt es sich allerdings summa summarum um rund 19 Milliarden Euro. Vielleicht wird der Klage auch nur teilweise stattgegeben. Zudem ist auch offen, ob und in welchem Umfang die Konzerne ihre Ansprüche dann durchsetzen würden.

Entsorgungspaket aus Berlin

In Berlin wird inzwischen ein Entsorgungspakt zu den atomaren Altlasten vorbereitet. Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der im Kern vorsieht, dass der Staat den Versorgern die Haftungsrisiken für die Endlagerung abnimmt. Für dieses Entgegenkommen sollten eigentlich alle Klagen fallengelassen werden.

Rechtsfrieden für Bürgerakzeptanz

„Ein Konsens braucht Rechtsfrieden“, so Sylvia Kotting-Uhl, unsere atompolitische Sprecherin im Bundestag, denn nur so kann der Pakt zwischen Staat und Energiekonzernen auch Akzeptanz in der Bevölkerung finden.

Gewinnen nun die Energieriesen vor dem Verfassungsgericht, so ist ihre Verhandlungsposition bei dem „Entsorgungspaket-Deal“ allerdings gestärkt.