Manchmal frage ich mich, warum wir in einer solchen Endlosschleife leben: Es ist so viel gedacht und geschrieben worden und gerade im Gender-Bereich. Aber viele Männer gehen auch in ihrer gesammelten Lebensweisheit (extra?) blind daran vorbei.
Nehmen wir den Film „Fading Gigolo“. Woody Allen ist für mich als ehemalige Emma-Leserin nicht gerade per se ein großer Sympathieträger. Da gibt es die Geschichte mit seiner zwanzigjährigen Adoptivtochter, mit der er ein Verhältnis einging, ein Vorwurf sexuellen Missbrauchs einer anderen Adoptivtochter usw. Abgesehen davon mehrere frühere Filme, die sein simples Frauenbild enthüllen (junge, langbeinige Blondinen, die häufig auf ältere Künstler stehen). Aber in diesem Fall fand ich Allen im Film eigentlich recht witzig und schlagfertig.
John Torturro allerdings, der für Drehbuch und Regie verantwortlich war, kam mal wieder mit der alten Leier an. Als Gigolo wird Fioravante tätig weil Dr. Parker es nach einem Dreier verlangt. Nun ist das nicht völlig unrealistisch dass es zwei Frauen nach einem Dreier gelüstet, wenn auch sicherlich nicht so häufig, wie es manche in ihren Fantasievorstellungen gern hätten. Es geht aber damit weiter, dass Dr. Parker, insbesondere aber ihre Freundin Selima derart aufgesetzt pervers und einfältig auftreten, dass es einfach unglaubwürdig wirkt und nein, leider auch keine lustige überzogene Typenbeschreibung mehr ist. Wenn das Ganze irgendwie ironisch sein sollte, dann kann sich das vielleicht nur ein kleines, spezielles Publikum erschließen… Besonders Selima muss als superbillige und rassige Latina ihre Brüste heraushängen lassen, wie es absolut niemand tragen würde und dann wahnsinnig hohle Kommentare zu Basketballspielern in engen Hosen abgeben. Okay, damit hätten wir also die altbekannte Darstellung der Hure. Frauen, die sich allzeitbereit in Spitzenunterwäsche auf einem Bett räkeln und außerhalb des Bettes keine weitere Funktion einnehmen.
Aber was wäre die Hure ohne den uralten Dualismus, an den Männer sich so verzweifelt klammern? Richtig, es fehlt die Heilige! Das ist die orthodoxe Jüdin, die als Witwe einen heiligen Status einnimmt. Außerdem ist sie selbst mit 6 Kindern noch so gut wie Jungfrau, denn sie wurde ja noch nie so berührt, wie Fioravante das tat! Die Unberührtheit, die Naivität, die Unschuld, die Vanessa Paradis aus den großen Augen zwinkert. Diese Frau liebt man! Mit dieser Frau will man aber natürlich nicht ins Bett, kann es gar nicht, denn dazu ist sie viel zu unschuldig und sie kehrt außerdem in den orthodoxen Schoß zurück. Traurig für Fioravante, der sich doch verliebt hatte.
Aber natürlich gibt es immer einen Ausblick, denn der Gigolo wird immer Frauen finden die ohne ihn und die heißen Anmachen von Woody Allen nicht leben können. Ende!