Die Anti-Klima-Lobby führt einen aussichtslosen Kampf

Gastbeitrag in der WELT


Nicht nur wir Grüne, auch immer mehr Konzerne haben verstanden: Langfristigen wirtschaftlichen Erfolg wird Deutschland nur haben, wenn die klimafreundliche Energiewende gelingt. Trotzdem gibt es immer noch eine Lobby, die gegen das Unvermeidliche kämpft. Warum nur? 

Die Grünen treten bei der Bundestagswahl mit einer Kanzlerkandidatin und einem klaren Angebot für eine klimaneutrale Wirtschaft an, und sie haben die besten Chancen, die nächste Regierung entscheidend mitzugestalten.

Grund genug für das letzte Aufgebot der Ewiggestrigen: Die Anti-Klima-Lobby holte unlängst noch mal ihr dickes Scheckbuch raus, und wir konnten keine Zeitung lesen, ohne dass uns skurrile Anzeigenbilder von biblischem Ausmaß entgegenschlugen, mit Annalena Baerbock als Moses. Finanziert war die Kampagne von einem Verband, der sich angeblich um die soziale Marktwirtschaft kümmert.

Das Prinzip „Angstmache vorm Klimaschutz“ hat jahrzehntelang prima funktioniert – fragen Sie nur mal den CDU-Wirtschaftsrat –, aber diesmal war der Wurm drin. Dass CO₂-freie Märkte die Zukunft sind, sagen schon lange nicht mehr nur Grüne, sondern auch Audi oder der BDI. Peinlich berührt installierten sich einige jetzt endlich einen Adblocker, und der Rest fragte sich: Wie sehr kann man die deutsche Wirtschaft eigentlich hassen?

Keine Aufsichtsratssitzung, Wirtschaftsgipfel oder Mittagessen unter CEOs kommt derzeit ohne die Frage aus, wie Industrie und Wirtschaft klimaneutral werden können. Das liegt an den weltweiten Marktentwicklungen. Fast jedes Industrieland der Welt plant einen grünen Umbau und will sich mit seinen Produkten und Dienstleistungen in einem globalen klimaneutralen Wirtschafts- und Handelsraum beweisen.

Für die EU gibt der Green Deal die Marschrichtung vor, Joe Biden geht mit seinem 1,7-Milliarden-Dollar-Programm voran, und sogar China will perspektivisch raus aus der Kohle. Klimaschutz ist die Grundlage für eine zukunftsfähige deutsche Wirtschaft. Warum wehren sich einige also mit Händen und Füßen dagegen?

Mit ihrem planlos-vagen Wahlprogramm hat sich die Union nun völlig von der Realität verabschiedet. Die Klimabremser in den eigenen Reihen haben sich wieder durchgesetzt. Dabei arbeiten ThyssenKrupp, VW, HeidelbergCement und viele große und kleine Unternehmen gerade hart daran, ihr Geschäftsmodell frei von CO₂ zu machen. Verbände wie der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft und die Stiftung 2° fordern seit Jahren höhere CO₂-Preise, weil Klimaschutz Wettbewerbsvorteil sein muss. Statt sie darin zu bestärken, rücken Klima-Schmutz-Lobbyisten diese Unternehmen mit wirren Wut-Kampagnen in eine klimafeindliche Ecke.

Dabei sitzt die Anti-Klima-Lobby nicht (mehr) in Dax-Vorstandsbüros, sondern kriecht aus dem schwarzen Filz der CDU/CSU. Wenn drei Abgeordnete der Unionsfraktion als „Bermudadreieck“ der Energiewende gelten, muss sich niemand über schlechte Klimapolitik dieser Bundesregierung wundern. Wo es nur geht, bremsen durchsetzungskräftige Kreise der Union Klimaschutz gezielt aus. Soll der Ausbau von Windkraft beschlossen werden, fallen plötzlich kuriose Abstandsregeln vom Himmel, die es so für kein Atom- oder Kohlekraftwerk jemals gab.

Apropos Kohle: Bis heute kann die Regierung nicht erklären, wie die horrende Summe von 4,3 Milliarden Euro Entschädigungen für die Kohlebetreiber zustande kam. Und im Wirtschaftsministerium arbeitet ein Referent, der privat den einflussreichsten Anti-Windkraft-Verband Deutschlands leitet. Für einen klimaneutralen Wirtschaftsstandort Deutschland braucht es Ökostrom und grünen Wasserstoff. Beides kommt bekanntlich nicht aus der Steckdose, sondern von Windrädern oder Solaranlagen. Wer dagegen lobbyiert, scheint kein Interesse am langfristigen Wohlstand Deutschlands zu haben.

Fakt ist: Industrie und Wirtschaft erwarten völlig zu Recht bessere Unterstützung auf dem Weg zur Klimaneutralität. Wer das nicht ernst nimmt, bremst Innovation und Wachstum aus und verrät die Zukunft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auf einem toten Planeten gibt es keine Jobs. Dafür aber umso mehr, wenn ein CO₂-freier Wirtschaftsumbau gelingt. Der Weg dahin ist klar. Wir alle sind bereit. Die letzte Schlacht der Klimaschmutzlobby ist längst verloren.


Die Autorin ist klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag.


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