EU-Klimagesetz und Erhöhung EU-Klimaziel auf -60 Prozent

Pressestatement

Lisa Badum, Sprecherin für Klimapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion:

„Der Umweltausschuss legt die Latte für europäischen Klimaschutz hoch an, ein riesiger Erfolg! Klimabewegung und Parlamentarier*innen haben alles gegeben, um das Ziel so hoch wie möglich anzusetzen, jetzt sind die Mitgliedstaaten und ganz besonders die Bundesregierung als EU-Ratspräsidentin am Zug. Ich erwarte, dass die Verhandlungen zum Klimagesetz und besonders zum Klimaziel 2030 während der deutschen Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden und die Bundesregierung endlich den ambitionierten Klimaschutz macht, den sie uns immer verspricht. Wenn sie ihr Versprechen aus Paris einhalten möchte, bedeutet das -65 Prozent Emissionen bis 2030. Nur so kann die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad begrenzt werden.

Ein paar Prozentpunkte auf einem Klimagesetz können entscheiden, ob Wälder brennen, eine Stadt überschwemmt wird oder ganze Landstriche nicht mehr beackert werden können. Es klingt wie ein großer Zahlensalat, hat aber einen krassen Effekt, um die Klimakrise zu bekämpfen. In jedem Fall ist ein höheres europäisches Klimaziel nicht vereinbar mit dem Kohleausstieg 2038, mit dem wir uns in Europa isolieren und der Ausbremse-EEG Novelle des Wirtschaftsministers.“

Hintergrund

  • Der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) ist federführend für das europäische Klimagesetz zuständig und hat heute seine Empfehlung verabschiedet, u.a. für ein EU-Klimaziel 2030 von -60 Prozent (im Vergleich zu 1990). Dieses Ziel ist auch entscheidend für die internationalen Klimaverhandlungen, da alle 5 Jahre seit dem Pariser Klimaabkommen die Staaten verpflichtet sind, ein höheres Ziel festzulegen; das Ziel für 2030 muss bis Ende des Jahres eingereicht werden.
  • Im EU-Klimagesetz geht es aber um noch mehr:
    • Klimaneutralität bis 2050 – dieser Punkt ist seit der Klimakonferenz in Madrid 2019 schon zugesagt, aber soll jetzt festgeschrieben werden
    • Ein CO2-Emississionsbudget – das ist der Wunsch des Umweltausschusses, den viele Expert*innen teilen, denn ein Emissionsbudget ist viel konkreter und wissenschaftlich fundierter als die bislang genutzten Klimaziel
    • Einen wissenschaftlichen Expert*innenrat, der die Einhaltung überprüft und anspricht, wo EU-Staaten ihre Klimaversprechen noch nicht einhalten
    • Und das bereits angesprochene Klimaziel 2030 von -60 Prozent CO2 , um einen Reduktionspfad bis zur Klimaneutralität 2050 vorzugeben
    • Subventionen für fossile Energie bis 2025 beenden und Klimaschutz für Bürger*innen einklagbar machen
  • Anfang Oktober wird im EP abgestimmt (Hinweis: der Wirtschaftsausschus ITRE des EP hat sich auf ein Ziel von -55 verständigt, ist aber nicht federführend), auf welche Position das Parlament sich zu Klimagesetz und damit auch Klimaziel 2030 festlegt. Danach beginnen die Verhandlungen mit Kommission und Rat, der sogenannte Trilog.
  • Wichtig: Um die Position der Kommission zu stärken und Zeit zu gewinnen, hatte Timmermans Folgenabschätzungen der Klimaziele 50-55 % (offizielle Position der deutschen Ratspräsidentschaft) für die Mitgliedstaaten in Auftrag gegeben, diese werden zum 16. September erwartet – zur Rede von Ursula von der Leyen zur Lage der Union um 9 Uhr
  • Am 15./16.10. trifft sich der Europäische Rat und wird auch das Klimagesetz besprechen – sollte es dort keine Einigung geben ist nicht wahrscheinlich, dass die Verhandlungen im Umweltrat am 23.10. weitergeführt werden, dort sind sie bislang noch offiziell aufgesetzt
  • Die deutsche Ratspräsidentschaft hatte sich zum Ziel gesetzt, die Verhandlungen zum Klimagesetz in ihrer Präsidentschaft bis Ende des Jahres abzuschließen. Entscheidend dafür wird der Europäische Rat am 12.12.2020 sein – es wird vermutet, dass dort das EU-Klimaziel 2030 an das Klimasekretariat der UN eingereicht und hoffentlich zeitgleich das Klimagesetz geeint wird.
  • Kommt das Klimagesetz so ambitioniert mit starken Klimaziele 2030, hätte das große Auswirkungen auf die deutsche Gesetzgebung – so müsste zum Beispiel die aktuelle EEG-Novelle nochmal überarbeitet werden. Außerdem steht bei der Zieldebatte immer die Frage im Raum: Wie wird die Last zwischen den Mitgliedstaaten verteilt? Das führte zuletzt in der Unionsfraktion zu viel Streit und es ist auch nicht klar, ob wieder ein klassischer Lastenverteilungsschlüssel angestrebt wird (hier müsste D auf -50% kommen, wenn ein EU-Ziel von -55% durchgesetzt wird, aktuell sind -40 für D vorgesehen). Die Stimmen werden aber auch lauter, die Lastenteilung einfach durch den EU-ETS zu lösen, der im Frühjahr 2021 reformiert werden soll, so könnte eine leidige Debatte zwischen den Staaten umgangen werden.
  • Timmermans als auch von der Leyen haben sich bereits für -55% ausgesprochen, ebenso wie Wirtschaftsminister Altmaier
  • Zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens wären -65% nötig, so auch die Position der Grünen in EP und BT sowie der Umweltverbände – dazu wurden im Sommer einige Machbarkeitsstudien veröffentlicht
  • Expert*innen sagen, dass bei einer Umsetzung aller Klimamaßnahmen der EU und Mitgliedstaaten, eine Reduktion von -50 Prozent ohnehin besteht, dieses Ziel wäre also keine Neuentwicklung
  • Kontext sind auch die US-Wahlen Anfang November: sollten Biden/Harris gewinnen, werden sie wieder in das Pariser Klimaabkommen eintreten und einen sehr ambitionierten Plan zur Dekarbonisierung und EE-Ausbau anstreben, der die EU in den Wettbewerb drängen wird

Anstehende Termine


10. und 11. September ENVI-Abstimmung: von 11 – 13 Uhr (Do) und 10.30 – 11.30 Uhr (Fr).

16. September: Ursula von der Leyens State of Union Rede und Europäische Kommissions Vorschlag für ein neues 2030-Ziel zum Impact Assessment.

30. September – 1. Oktober: Informelles Umweltminister-Treffen (in Berlin).

1. Oktober-Sitzung in Straßburg: finale Abstimmung zum Europäischen Klimagesetz im Plenum.

15. bis 16. Oktober: EUCO

23. Oktober: Umweltrat in Luxemburg gibt Ausrichtung vor; mit dieser Ausrichtung können die Triloge beginnen.

17. Dezember: Abschluss der Verhandlungen.