Reisebericht Senegal

Vom 08.01. bis 12.01.2023 war ich zu einer Informationsreise im Senegal. Dort habe ich mit Vertreter:innen der Regierung, des Parlaments und der Zivilgesellschaft über die Zukunft des Landes und die deutsch-senegalesische Partnerschaft gesprochen. Im Fokus meiner Reise stand die Klima- und Energiepolitik und damit auch das große Potenzial von Erneuerbaren. Außerdem informierte ich mich über das umstrittene Greater Tortue Ahmeyim-Gasfeld vor der Küste Senegals und Mauretaniens. Meine Eindrücke der Reise möchte ich hier zusammenfassen.

Worum geht es bei dem Gasprojekt überhaupt? Teile der Bundesregierung erwägen, mit deutschen Steuergeldern einen Gasdeal mit dem Senegal zu unterstützen. Aber Deutschland benötigt das Gas aus dem Senegal nicht, um die weggefallenen Lieferungen aus Russland zu kompensieren. Das zeigen wissenschaftliche Studien. Zum einen wird bereits mehr Gas aus europäischen Nachbarstaaten exportiert. Zum anderen muss der Gasverbrauch zukünftig sinken, laut Klimaschutzgesetz bis 2035 um die Hälfte. Hierzu wird auch eine gesteigerte Energieeffizienz beitragen.

Hinzu kommen, wie bei vielen fossilen Projekten, die erheblichen Schäden für die Natur. Fruchtbare Laich und Fischgründe sind ausgerechnet genau dort, wo die Gasplattformen sind. Auch für die Entwicklungschancen bringt ein Gasdeal wahrscheinlich kaum etwas – das haben meine Gespräche vor Ort bestätigt. Das eigentliche Problem im Senegal ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung keinen direkten Zugang zum Stromnetz hat. Hier helfen dezentrale Lösungen, für die besonders Erneuerbare Energien geeignet sind. Seit das Gasfeld den politischen Diskurs im Senegal dominiert, hat das Engagement der dortigen Regierung für den Ausbau von Erneuerbaren Energien allerdings stark nachgelassen. Genau hier können wir mit einer Erneuerbaren-Partnerschaft ansetzen.

Die ersten Tage der Reise wurde ich von meinem SPD-Kollegen Dr. Karamba Diaby (3.v.l.) begleitet. Angekommen in Dakar wurden wir von Botschafter Sönke Siemon (1.v.l.) empfangen und bekamen ein Briefing zur politischen Situation im Land.

Weiter ging es dann mit einem Treffen mit BP, welche das Gasprojekt maßgeblich vorantreiben. Hier wurde mir die Sicht des Unternehmens präsentiert: In der ersten Phase ab 2024 würden 2 Mio. Tonnen Gas jährlich, dann 5 und dann 10 Mio. Tonnen gefördert werden. Alles sei vorteilhaft für den Senegal, so BP. Auch Regierungsvertreter:innen, mit denen ich au der Reise sprechen konnte, teilten diese Sichtweise.

Beim Austausch mit Institutionen wie der KfW, europäische Entwicklungsbank, GIZ und Energieexperten kam heraus, dass seit der Diskussion um die Gasvorkommen das Engagement der Regierung bezüglich Erneuerbarer Energien stark nachgelassen hat.

Um ein vollständiges Bild zu bekommen, waren für mich die Treffen mit der Klimabewegung und den einfachen Menschen besonders wichtig. Hier gibt es im Senegal richtig engagierte Leute. Sie sind meist klar gegen das Projekt. Einige glauben aber nicht mehr daran, dass es noch aufgehalten werden kann. Zumindest, so ihr Appell, sollten dann die Einnahmen dem Ausbau der Erneuerbaren Energie und der Bevölkerung zugute kommen. Ob das so passieren wird, ist aber aktuell sehr fragwürdig.

Bei den Fischern vor Ort gibt es ebenfalls Widerstand gegen das Gasprojekt, denn Laich- und Fischgründe sind genau dort, wo die Gasplattformen sind. Mir wurde gesagt, dass der Fischerfolg bereits jetzt auf 30 % zurückgegangen ist. Dafür gebe es keine Kompensation und zudem entstünden keine keine neuen Jobs für Fischer. Ich habe diesen interessanten Gedanken mitgenommen: Die Gasförderung sei „nur“ für 30 Jahre, die Fischerei gebe es aber bereits seit Jahrhunderten.

Es ging bei meiner Reise aber auch um mögliche Alternativen zum fossilen Gas. So habe ich mit Leuten aus der Erneuerbaren-Branche des Senegal gesprochen und ein Solarfeld besucht. Es versorgt bereits 33.000 Haushalte und soll erweitert werden. Betrieben wird die Anlage von der staatlichen Senelec. Sonst beteiligt sich Senelec aktuell aber leider nicht am Ausbau von Erneuerbaren. Das solle der private Sektor machen, so die Aussagen. Das Ziel der Regierung aktuell: Der Erneuerbaren-Anteil soll stabil bei 30 % gehalten werden bei steigendem Energieverbrauch. Dabei haben meine Gespräche gezeigt, dass es durchaus eine moderne Erneuerbaren-Branche im Land gibt, die verschiedenste Lösungen anbietet. Es gibt ein großes Potenzial, mit dezentraler erneuerbarer Energie viele Menschen erstmals mit Strom zu versorgen. Leider fühlen sich die Unternehmen vom Staat aktuell zu wenig unterstützt.

All das ist nur eine Auswahl von den vielen spannenden Eindrücken meiner Reise . Der Senegal ist ein interessantes Land mit engagierten und herzlichen Menschen, die sich eine bessere Zukunft wünschen. Vielen Leute haben ein Bewusstsein für die Klimakrise. Und es gibt einen Wunsch nach erneuerbarer Energieversorgung. Gleichzeitig gibt es auch hier eine starke fossile Lobby und es ist sehr unsicher, ob eine breite Masse der Menschen wirklich etwas von den Gewinnen aus dem Gasgeschäft haben wird.

Mit diesem Gasdeal würde Bundeskanzler Scholz das eigene Versprechen zur Einhaltung der Pariser Klimaziele brechen. Bei der Klimakonferenz in Glasgow hat sich Deutschland dazu verpflichtet, die Finanzierung fossiler Energieträger zu beenden. Dagegen würden wir verstoßen. Der jüngste IPCC-Bericht zeigt: Wenn das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar bleiben soll, müssen Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben.

Die Alternative liegt auf dem Tisch: Schon bald soll eine „Just Energy Transition Partnerschip“ (JETP) der G7 mit dem Senegal abgeschlossen werden. Deutschland und Frankreich zielen als Verhandlungsführer für die G7 auf eine Partnerschaft ab, die auf 100 Prozent Erneuerbare Energien als Ziel hat. Ein Gasdeal bringt Deutschland bei diesem Ziel nicht nur in eine schlechte Verhandlungsposition. Einerseits Anreize für eine Energiewende zu setzen und andererseits fossile Energien zu finanzieren, raubt vielmehr unsere internationale Glaubwürdigkeit. Das klimapolitische Engagement im Senegal steht nicht für sich allein. Wir setzen damit ein Zeichen für weitere Partnerstaaten aus dem Globalen Süden, die vor der Wahl stehen, in fossile oder Erneuerbare Energien zu investieren. Wir brauchen eine konsistente Klimaaußenpolitik, die die globale Energiewende unterstützt.

Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Gasdeal nicht kommt und wir mit dem Senegal stattdessen eine zukunftssichere Erneuerbaren-Partnerschaft schließen.

Ich danke den Menschen und Organisationen im Senegal für die Einblicke und der deutschen Botschaft für die Unterstützung.