Aktion Klimafasten Teil 3: Warum das Pariser Klimaabkommen kein Selbstläufer ist

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Das Pariser Klimaabkommen: Ein Vertrag ohne Konsequenzen?


2015 war für den Klimaschutz ein Meilenstein: 197 Staaten einigten sich darauf, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu beschränken. Der Klimavertrag, der mit großer Euphorie gefeiert wurde, nimmt erstmals (fast) alle Länder der Welt in die Pflicht, sich der großen Menschheitsaufgabe Klimaschutz zu widmen. Mittlerweile haben 192 haben das Abkommen mittlerweile ratifiziert. Doch wenn wir nun nach über fünf Jahren zurück- und auch vorausblicken, bleibt in erster Linie Ernüchterung und das aus zwei Gründen: Zum einen wiesen bereits 2018 Studien daraufhin, dass die Zielsetzung von 2 Grad nicht ausreichen wird, um irreversible Schäden unseres Ökosystems Erde zu verhindern und man deshalb dringend alle Bemühungen auf 1,5 Grad ausrichten sollte. Doch diesem Apell wird kaum Folge geleistet. Denn zum anderen zeigt sich bei nahezu allen Vertragspartnern – und Deutschland bildet hier wahrlich keine Ausnahme – ein Bild des Zögerns und des Verschleppens statt ambitioniertem Engagement. 

Zwar haben alle Unterzeichner einen Vertrag miteinandergeschlossen, doch echte Sanktionen drohen bei Nicht-Einhaltung des Abkommens nicht. Die Verpflichtung ist freiwillig. Bestes Beispiel: die USA, die unter Trump aus dem Abkommen austrat (und nun unter Präsident Biden wieder in das Abkommen zurückkehrt). Außer öffentliches „Shaming“ drohte keine Konsequenz. Weiteres Beispiel: Anfang 2020 hätten 184 Länder, die das Abkommen zu diesem Zeitpunkt bereits ratifiziert hatten, ihre verbesserten Klimaziele einreichen müssen. Nur vier Länder hatten sich an die Deadline gehalten. Vollzugsdefizit wird dieses Phänomen auch gern genannt. Doch woran liegt das, wo das Problem Klimakrise doch so drängend angegangen werden müsste und alle Länder, alle Menschen betrifft?

Das Problem des Free Ridings: Vom Klimaschutz profitieren alle


Die Kosten aller Klimawandelfolgen werden die jetzigen Kosten für Klimaschutzmaßnahmen um ein Vielfaches übersteigen. Einer aktuellen Studie zufolge könnten allein die direkten Folgen eines ungebremsten Klimawandels die Menschheit bis zum Jahr 2100 gut sieben Prozent des globalen Pro-Kopf-Einkommens kosten – Anpassungskosten nicht einmal mit eingerechnet. Und dann haben wir nur von Folgen ökonomischer Natur gesprochen. Klimaschutz ist eine sinnvolle Investition, allein aus dieser Perspektive gibt es also eigentlich genug Anreiz, das Pariser Klimaabkommen nachzuschärfen und vollumfänglich und so schnell es geht umzusetzen. Doch offensichtlich scheint das weder vollends verstanden zu sein noch als Anreiz auszureichen.

Ein Teil des Problems dessen liegt im Klimaschutz selbst. Klimaschutz ist nämlich – wie saubere Luft oder Wasser – ein öffentliches Allgemein gut. Niemand kann davon abgehalten werden, Nutznießer*in von Klimaschutz zu sein. Das bedeutet aber auch, dass selbst diejenigen Staaten von Klimaschutz profitieren, die sich nicht an den Kosten zur Bereitstellung von Klimaschutz (bsp. Umstellung auf Erneuerbare Energie beteiligt haben. Wer sollte es Ihnen verbieten oder sie davon abhalten, eine auf 1,5 Grad begrenzte Temperatur zu nutzen? Faktisch unmöglich. Trittbrettfahren oder Free Riding nennt man dieses Problem, bei dem Handelnde Nutznießer*innen von Gütern, Handlungen oder Einrichtungen zieht, ohne sich selbst an den Kosten beteiligt zu haben. Und besonders wahrscheinlich tritt dieses Phänomen auf, wenn es sich um Allgemeingüter wie Klimaschutz handelt. 

Der zweite Teil des Problems baut darauf auf. Denn je mehr – in unserem Falle Staaten – sich als Trittbrettfahrer oder Free Rider verhalten, desto wahrscheinlicher wird das Gefangenendilemma: Obwohl eigentlich alle ein Interesse an der Bereitstellung des Gutes Klimaschutz haben, verlässt sich jeder Staat auf den anderen. Wieso sollte ich mich an den Kosten beteiligen, wenn es die anderen 196 Staaten bereits tun? Normalerweise könnten Sanktionen Abhilfe schaffen und die Beteiligung erzwingen. Aber bei einem nicht-institutionellem, freiwillig verpflichtendem Vertrag wie dem Pariser Klimaabkommen fällt auch diese Möglichkeit weg.

Was können wir tun?


Fakt ist: Das 1,5 Grad Ziel können wir nur dann erreichen, wenn wir alle an einem Strang ziehen. 100 Prozent Klimaschutz gibt es nur mit 100 Prozent Beteiligung. Und das muss unser Ziel sein. Jede*r von uns muss dafür laut werden. Tretet an eure Abgeordneten vor Ort ran, an Kommunalpolitiker*innen, an Amtsinhaber*innen, an eure Parteivorsitzende: Wir brauchen eine politische Zielvorgabe und Ausrichtung auf 1,5 Grad. Gerade Deutschland muss in der Sache vorangehen und kann so durch ein gutes Beispiel an Autorität und Ansehen gewinnen und andere Länder mitziehen. Dafür brauchen wir eine gesellschaftliche und vor allem laute Mehrheit für 1,5 Grad und das bewirken wir mit Druck von der Straße. Kommende Woche, am 19.3., habt ihr beim Klimastreiktag wieder eine gute Gelegenheit dazu!



Quellen:
Trittbrettfahrer – Wirtschaftslexikon (wirtschaftslexikon24.com)
Paris-Abkommen: Nur acht fehlen noch – klimareporter°
Paris-Abkommen: Die Länder liefern nicht – klimareporter°
Die Schwächen des Paris-Abkommens werden offenbar – klimareporter°
Übereinkommen von Paris – Wikipedia
Klimafolgen: Was kostet uns der Klimawandel? | wissen.de