Allianz der Autoregionen – Gemeinsam den Wandel angehen

Autor:innenpapier

1. Warum braucht es gerade in Corona-Zeiten eine Allianz für die Transformation in der Fahrzeugindustrie?

Seit Jahrzehnten führen Fahrzeuge und Mobilitätsinnovationen aus Deutschland die Weltspitze der Automobilbranche an. Als konjunktureller Taktgeber ist die Automobilwirtschaft Beschäftigungsgarant für mehrere hunderttausend Menschen.

Damit das so bleibt, muss sich aber etwas ändern. Dies ist keine neue Erkenntnis. Denn bereits vor der Covid-19-Pandemie steckte die Automobilindustrie in einer strukturellen Krise und kämpft weiterhin mit den Folgen des selbst verschuldeten Dieselskandals, der die Glaubwürdigkeit der Branche schwer erschüttert hatte. Gleichzeitig stehen wir vor der Aufgabe, Mobilität grundsätzlich anders zu organisieren und so eine echte Verkehrswende einzuleiten. Unser Ziel lautet: Tariflich geschützte und mitbestimmte Arbeit erhalten und neu schaffen, die nachhaltige Mobilitätswende voranbringen und den Mobilitätssektor an einer klimafreundlichen Zukunft ausrichten. Die Drastik der Klimakrise zwingt uns zum Handeln. Wir müssen in den nächsten zehn Jahren den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft schaffen.

Gerade jetzt braucht es die Allianz der Autoregionen. Wir als Abgeordnete aus den fünf Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Saarland und Sachsen), die stark von der Veränderung in der Automobil- und Fahrzeugbau geprägt sind, wollen den regionalen Schulterschluss. Regional variiert der Strukturwandel und die vorhandenen Wertschöpfungsverflechtung zwischen Autoindustrie und Zuliefererbranche – dennoch besteht der „Transformationsdruck“ für alle Regionen gleichermaßen. Wir sehen die unterschiedlichen, sich ergänzenden, Stärken in unseren Regionen und sind überzeugt, dass wir den Strukturwandel gut meistern können. Voraussetzung ist, dass der Bund den richtigen Rahmen für diese Entwicklung setzt. Kooperation muss belohnt werden, nicht Kirchturmdenken.

Gemeinsam gilt es dabei fünf zentrale Herausforderungen2 für die Automobilbranche anzugehen:

1) Drei von vier Pkw der deutschen Automobilindustrie werden derzeit ins Ausland verkauft. Allerdings sind die weltweiten Märkte höchst fragil geworden – sei es aufgrund blockierter Lieferketten oder aufgrund von wirtschaftlichen Unsicherheiten durch die Corona-Pandemie, der anhaltenden Handelsstreitigkeiten oder der unsicheren Umsetzung des Brexit.

2) Neue Konkurrenten treten mit neuen Geschäftsmodellen auf den Plan und fordern den konventionellen Absatzmarkt mit klimaschonenden Antriebstechniken heraus. Darunter sind große Datenkonzerne (bspw. Google oder Apple), die nicht auf eine teilweise über 100 Jahre alte Expertise im Fahrzeugbau zurückgreifen, sondern den Fahrzeugmarkt vehement und mit enormer Kapitalstärke erobern wollen.

3) Digitalisierung und Automatisierung halten Einzug in Produkte und Produktionsprozesse, was nach neuen Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben verlangt.

4) Die Nachfrage nach neuen Mobilitätskonzepten sowie Logistiklösungen wandelt sich – und das gleichermaßen bei Privatpersonen und Unternehmen. Das Motto „Nutzen statt Besitzen“ setzt sich auch im Fahrzeugbereich schrittweise durch, sodass Sharing-Modelle immer beliebter werden.

5) Der Klimaschutz und infolgedessen nationale, europäische und internationale Gesetzgebung erfordern zwingend einen beschleunigten Umbau der gesamten Branche.

Letztlich ist die Corona-Pandemie nicht Auslöser der Automobilkrise, sondern Beschleuniger der tiefgreifenden Entwicklungen, die bereits vorher eingesetzt hatten. Klar ist, dass von diesem Wandel nicht nur die großen und bekannten Fahrzeughersteller betroffen sind, sondern vor allem die vielen mittelständischen Zulieferbetriebe, die oftmals in einer ausschließlichen Abhängigkeit von den Herstellern stehen.

Die Regionen sind mehr als die angesiedelte Automobilbranche – die Chance der vielfältigen Regionen liegt in einem zielgenauen Prozess der sozial-ökologischen Transformation. Die Ausnahmesituation der Corona-Krise bildet die einmalige Chance, jetzt das Fundament für den nachhaltigen Strukturwandel der Branche zu legen, zukunftsfähige Arbeitsplätze aufzubauen und in die Zukunft der nachhaltigen Mobilität aufzubrechen. Mit einer „Allianz der Autoregionen“ lassen sich gemeinsame Potenziale entwickeln sowie ressourcenschonende und klimafreundliche Innovationsoffensiven starten. Regionale Pioniere können entstehen und wachsen. All das kann nur mit starken Akteuren in der Regionen gelingen – denn Unterstützung entsteht durch Beteiligung. Unternehmen, Beschäftigte, gesellschaftliche Akteur*innen und Politik sind gleichermaßen gefragt: Wir müssen rechtzeitig die regionalen Veränderung anpacken, um gestärkt aus der Corona-Krise zu kommen und gleichzeitig für die Klimakrise gewappnet zu sein.

2. Steckbriefe der „Autoregionen“


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