Transformation heißt nicht Verlust, es heißt Veränderung

Gestern war ich zu Gast bei einer Podiumsdiskussion des Wirtschaftsclub. Voller Saal in der Konzerthalle, rechts neben mir Martin Schulz (SPD), links neben mir Max Blume (CSU), mir gegenüber Stoschek (Brose) und Hartung (Bosch). „High Profile“ also. Vom Wirtschaftsclub organisiert konnte ich auch aus dem Publikum kaum auf Unterstützung hoffen. Dass das kein leichtes Pflaster wird, war mir natürlich von Beginn an klar, aber ich hatte auch nicht wirklich etwas zu verlieren. 

So hat es mich nur wenig überrascht, dass Generalsekretär Blume direkt zum Angriff blies. Klar, wir Grüne sind der neue Hauptgegner der CSU. Aus dem Publikum Applaussturm. Ein billiges Mittel. Stoschek und Hartung plädieren für Technologieoffenheit und Zeit, Martin Schulz spielt die Karte des Erfahrenen, greift tief in die Argumenten-Kiste und redet über Demokratiefähigkeit und die Beteiligung des Einzelnen. Applaus aus dem Publikum. 


Dass Bosch und Brose massiv Stellen abbauen, kommt kurz zur Sprache, aber scheint das Publikum längst nicht mehr so zu interessieren. Auch dass Blume den Verbrenner so lange wie möglich halten will ohne auf die veränderten Mobilitätsbedürfnisse besonders in Städten einzugehen (geschweige denn ohne die immensen Strafzahlungen zu rechtfertigen, die uns auf Grund unserer noch immer nicht sinkenden CO2-Emissionen drohen). Stattdessen Versteifung auf die Grüne Thesen des Ende des Verbrenners 2030, denn wir wären damit ja letztlich für den Arbeitsplatzverlust der Zukunft verantwortlich. Wieso fragt ihr Euch? Genau das habe ich mich auch gefragt, denn die Automobilbranche steckt ja schon jetzt in einer Krise. Wieso werden wir Grüne für eine Krise angegriffen, für die wir Lösungen bieten? Wieso werden wir für einen Status Quo, der offensichtlich nicht so weiter gehen kann, verantwortlich gemacht, wo die Regierungsverantwortung doch in anderer Hände liegt? Weil wir uns trauen auszusprechen, was so vielen Angst macht:  Wir müssen uns verändern.

Ja, die Automobilbranche ist gerade in Bamberg der wichtigste Industriezweig, den wir uns nicht leisten können zu verlieren. Aber Transformation heißt nicht Verlust. Es heißt Veränderung. Und das kann vor allem auch positiv sein! Die Herstellung eines E-Autos bindet an sich vielleicht deutlich weniger Arbeitskräfte als die Herstellung des Diesels oder Benziner, doch dafür entstehen doch so viele neue Arbeitsplätze in der Entwicklung, Forschung und Strategieentwicklung, vielleicht sogar mehr Arbeitsplätze als wir zuvor hatten. Wir müssen endlich beginnen die Transformation der Automobilbranche als Chance zu begreifen statt uns weiter an das sinkende Schiff zu klammern.


Und da frage ich mich: Wo war denn die CSU und die SPD in den vergangenen Jahren, als es darum ging, Innovationen in der Automobilbranche zu fördern? Wo waren denn die erfolgreichen Unternehmen wie Bosch und Brose, die jetzt Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, um wettbewerbsfähig zu bleiben? Jetzt marschiert der Weltmarkt vorneweg und wir kommen nicht mehr hinterher. Egal ob E-Mobilität oder Wasserstoff. Zu sehr auf dem eigenen Erfolg ausgeruht? Scheint so. Als zum Schluss Stoschek Klimaschützer in Deutschland auch noch als egoistisch beschimpft und dafür tosenden Applaus erntet, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Dieses verquere Statement hinterfragt im Gegensatz zu argumentativ belegbare Thesen der Grünen niemand ernsthaft.

Ich habe versucht liberaler zu argumentieren, die Bedürfnisse der so wichtigen Gewerkschaftler zu berücksichtigen, war vorsichtig, Klimaschutz auch nur in den Mund zu nehmen, weil ich auf Dialogbereitschaft meiner (ausschließlich männlichen!) Diskussionspartner gehofft hatte. Denn genau darum muss es doch in der Politik gehen: Aufeinander zu gehen, Kompromisse schließen, bereit sein, sich auf die Argumente des Gegenübers einzulassen. Gerade dieses Thema ist doch viel zu wichtig, als es für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen. Bamberg kann und muss zu einer modellhaften Transformationsregion wachsen, wenn wir gemeinsam daran arbeiten.

Und was uns alle eint, ist doch, dass wir das Auto der Zukunft in Deutschland produziert sehen wollen. Die aktuellen politischen Rahmenbedingungen, wie die Stellenverlagerungen von Brose und Bosch beweisen, fördern da im Moment das Gegenteil. Aber zur Not sind dann eben wieder wir Grünen Schuld …