Auf einen Blick: Bewertung des Klimapakets der Bundesregierung

#notmyKlimapaket

Der Rückhalt für wirksamen Klimaschutz in der Bevölkerung ist so groß wie nie zuvor. Diese Menschheitsherausforderung verlangt jetzt nach wegweisenden Maßnahmen und die Zeit ist reif. Stattdessen fehlt der Bundesregierung der Mut, die Zukunft zu gestalten. Im ihrem am 20.9. vorgestellten Eckpunktepapier für ein Klimaschutzprogramm 2030 werden keine klaren Leitplanken für Gesellschaft, Industrie und für künftige Politik gelegt. In welcher Form das Klimaschutzgesetz kommt, ist ungewiss. Es sind finanzielle Anreize für Klimaschutz geplant, die aber zum Teil sozial ungerecht oder widersinnig sind, da keine Streichung von ökologisch schädlichen Subventionen im Eckpunktepapier des Klimakabinetts vorgesehen ist. Statt den Kohleausstieg zu verabschieden, hat die Bundesregierung u.a. mit neuen Abstandsregelungen für Windräder faktisch den Ausstieg aus der Energiewende beschlossen. Ohne das Standbein Erneuerbare Energien kann eine radikal-realistische Klimawende nicht erreicht werden. Zudem ist völlig unklar, wieviel CO2-Einsparung die Maßnahmen der Bundesregierung bringen werden – die in einem früheren Entwurf kursierenden Berechnungen wurden aus späteren Papieren wieder gestrichen. Zumal das Potpourri der Klimaschutzmaßnahmen der einzelnen Ministerien nicht systematisch zusammengeführt wurden und eine einheitliche Prüfung der sozial-ökologischen Folgewirkungen ausgeblieben ist.


Fazit: Klimaschutz wird in der Verantwortung der einzelnen Bürger*in gesehen. Politik gibt ihren Gestaltungsspielraum auf. Die Wirtschaft bekommt keine Leitplanken, die sich auch viele Unternehmen gewünscht haben. Die Angst vor Wahlen ist wichtiger als der Schutz unseren Planeten und die faire Behadlung von Bürger*innen. Das vorgelegte Klimapaket der GroKo ist die offizielle Abkehr vom 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens und eine herbe Absage an die Hilferufe der friedlichen Klimaschutzbewegung.  

Der Pillepalle-Kurs der Regierung geht weiter

Warum die Bundesregierung ihren eigenen Klimaschutz-Ansprüchen nicht gerecht wird, lässt sich anhand von sechs Kernaspekten erkennen: 


1. Ziel CO2-Einsparung verfehlt

  • Die nationalen Klimaziele der Bundesregierung sind falsch gesetzt und entsprechen nicht mehr den internationalen Klimazielen. Die Bundesregierung rechnet noch mit den alten Zielen aus dem völlig überholten Energiekonzept von 2010. Obwohl die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits angekündigt hat, die EU-Klimaziele zu erhöhen – von 40% auf 55% Treibhausgasminderung bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Referenzjahr 1990.
  • Bereits die selbst gesetzten Klimaziele der Bundesregierung sind nicht im Sinne von Paris ausgestaltet und werden dann auch noch verfehlt. Die GroKo vollführt einen klimapolitischen Limbo statt eines Hürdenlaufs. Die zu niedrig hängende Messlatte der Klimaschutzziele wird keinesfalls mit dem vorgeschlagenen Klimapaket erreicht. Zumal keines der angekündigten Anreizprogramme sicher für Klimaschutz sorgt. Aktuell stößt Deutschland etwa 900 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus. Im Jahr 2030 plant die Bundesregierung nur noch 543-562 Millionen Tonnen CO2 auszustoßen. Agora Energiewende rechnet mit 120 Millionen Tonnen CO2-Einsparung durch die rund 70 Maßnahmen des Klimapakets. Das heißt: Die jetzt vorgelegten Pläne erbringen also nur ein Drittel der Einsparungen, die für das Klimaziel der GroKo nötig wären. Damit sind das Klimakabinett und dessen Maßnahmen von Anfang an gescheitert.
  • Besonders ernüchternd: Das Wort „Klimaschutzgesetz“ taucht nicht auf, der geringe CO2-Preis erreicht keine ökologische Lenkungswirkung und der Kohleausstieg wird weiter verschleppt.


2. Ziel „Jetzt Handeln“ verfehlt

  • Die Mehrzahl der Maßnahmen sollen erst 2021 in Kraft treten, helfen jetzt nicht und werden auf die nächste Legislatur verschoben.
  • Es sind keine Sofortmaßnahmen zu erwarten, welche die Klimaschutzlücke 2020 noch verringern. Damit wird wieder erneut wertvolle Zeit im Kampf gegen die Klimakrise verschwendet.
  • Zumal die Bundesregierung bisher nur einen Eckpunktepapier vorgelegt und das Umweltministerium daraus abgeleitet einen ersten Entwurf für das Klimaschutzprogramm 2030 in die Ressortabstimmung gegeben hat. Das bedeutet, dass noch keine parlamentarischen Gesetzgebungsvorhaben in den Bundestag eingebracht und beschlossen sind. Die Arbeit ist längst noch nicht begonnen und es bleibt nicht viel vom ausgerufenen „Klimajahr“ der GroKo.
  • Exemplarisch für die Groko-Stagnation in Sachen Klimapolitik ist der verschleppte Kohleausstieg: Dieser ist nach wie vor nicht in die Wege geleitet, obwohl der Abschlussbericht der Kohlekommission seit Januar vorliegt. In ihrem Eckpunktepapier bekennt sich die Bundesregierung einmal mehr zum Kohleausstieg bis 2038, legt aber keinen konkreten Plan zu dessen Durchführung vor. Im Entwurfs-Papier des BMU heißt es immerhin, dass die gesetzlichen Regelungen zum Ausstieg aus der Kohleverstromung spätestens im November vorgelegt werden sollen. Von der nötigen Beschleunigung des Ausstiegs und seinem Abschluss bis 2030 ist nicht einmal die Rede.


3. Sozial ungerecht

  • Durch die Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer werden vorrangig Besserverdiener entlastet, die dann auch noch weite Wege zurücklegen.
  • Es ist keine Reform der Abgaben der Energiesteuern vorgesehen. Verbraucher*innen und der Mittelstand subventionieren immer noch billige Strompreise in der Industrie.
  • Es bleibt unklar, wie die Mehreinnahmen aus einer  CO2-Bepreisung an die Bürger*innen zurückgegeben werden sollen.
  • Die steuerlichen Förderprogramme für Hausbesitzer*innen ermöglichen zwar mehr Klimaschutz in Wärmesektor, doch bleibt die Regierungskoalition die Unterstützung der Mieter*innen schuldig.


4. Klimapolitisch widersprüchlich und sozial-ökonomisch unsinnig

  • Einerseits sollen Milliarden für Anreizprogramme ausgegeben werden, andererseits finanzieren wir jährlich 54 Milliarden Euro an Subventionen für fossile Energieträger aus dem Bundeshaushalt. Wenn Dieselprivileg, Befreiung von der Kerosinsteuer etc. nicht abgebaut werden, laufen diese Förderprogramme völlig gegensätzlich.
  • Zudem basiert das Konzept der GroKo maßgeblich auf Anreizen, die aber ohne klare Leitplanken und transparente Regeln zu keinen weitreichenden CO2-Minderungen führen und die sozial-ökologische Transformation gefährden.
  • Einige Maßnahmen sind sogar aus klimapolitischer Perspektive kontraproduktiv, wie die Abstandsregel für Windkraft oder die Erhöhung der Pendlerpauschale. Das angekündigte Verbot von Ölheizungen erst 2026 wird dazu führen, dass die Hersteller bis dahin noch versuchen werden, möglichst viele Ölheizungen billig zu verkaufen. Auch der Einbau von Erdgasheizungen wird gefördert – fatal, da das nächste Jahrzehnt im Haus noch fossil geheizt wird. Da sind auch die Abschaffung des PV-Deckels oder die Senkung der Mehrwertsteuer für Bahnfahrten nur ein Tropfen auf den heißen Stein.


5. Finanzierung ungewiss

  • Die Finanzierung der Maßnahmen ist nicht gesichert. Laut Bundesregierung sollen allein bis 2023 54 Milliarden Euro für den Klimaschutz ausgegeben werden. Woher dieses Geld kommen soll, ist nicht hinterlegt. Nur ca. 19 Milliarden sollen durch die CO2-Bepreisung eingenommen werden.
  • Zugleich ist die Relation der Ausgaben zu beachten: Allein in den letzten 10 Jahren wurden 76,5 Milliarden Euro an Dieselsubventionen aus dem Bundeshaushalt finanziert worden.


6. Bayerns Sonderweg in die Klimasackgasse

  • Das Totenglöckchen für die Energiewende wurde letzten Freitag von Minister Markus Söder persönlich gebimmelt. Indem die CSU die 10H-Abstandsregel in das Eckpunktepapier hineinverhandelt hat, haben wir in Bayern das Recht auf die saubere Windenergie aus regionaler Produktion verloren. Zugleich bremst der CSU-Alleingang die bundesweite Energiewende weiter aus.

Das Klimapaket im Einzelnen

Das am 20. September 2019 vorgelegte Klimapaket der Bundesregierung umfasst ein fast 22seitiges Eckpunktepapier mit rund 70 Maßnahmen. Die unkonkreten und oftmals prosaischen Maßnahmen eröffnen den politischen Interpretationsspielraum, um dem von der Union ausgerufenen „Klimakonsens“ den Weg zu bereiten. Der vom BMU in die Ressortabstimmung gegebene Entwurf für ein Klimaschutzprogramm 2030 ist zum Teil konkreter formuliert, doch es ist unklar, welche Maßnahmen von den anderen Ressorts anschließend wieder gestrichen werden. In jeden Fall kannein Maßnahmenpaket, welches die Pariser Klimaziele wissentlich verfehlt, keine Arbeitsgrundlage für eine fraktionsübergreifende Menschheitsherausforderung sein. Im Folgenden wird anhand von zentralen Sektormaßnahmen des Eckpunktepapiers deutlich, dass die Ernsthaftigkeit und der politische Wille, im Kampf gegen die Klimakrise entscheidende Schritte nach vorne zu machen, der Bundesregierung fehlt.
      

Klimaschutzgesetz

Im Eckpunktepapier heißt es nur, dass die Klimaziele einschließlich der Sektorziele gesetzlich verankert werden sollen. Obgleich im BMU-Entwurf das Wort Klimaschutzgesetz immerhin erwähnt ist, bleibt offen, welche Form und Verbindlichkeit das Gesetz im Endeffekt hat. Für einen angemessen deutschen Beitrag zum Pariser Abkommen brauchen wir ein Klimaschutzgesetz mit einer verbindlichen gesetzlichen Verankerung von Zielen, Maßnahmen und Sanktionsmöglichkeiten in den einzelnen Sektoren. Die Regierung bleibt in ihrem Programm auch der Frage schuldig, wie die externe Expert*innen Kommission in Klimaschutzfragen besetzt werden soll und in welchem Format die Zivilgesellschaft im Kampf gegen die Klimakrise mit einbezogen werden soll.

CO2-Preis

Der vielzitierte „Paradigmenwechsel“ der Union, nun den Emissionsausstoß im Bereich Verkehr und Wärme zu bepreisen, entpuppt sich schnell als eine reine Mogelpackung. Die vorgeschlagene CO2-Bepreisung der Großen Koalition führt weder zu einer ökologischen Lenkungswirkung noch zu nachhaltigen Innovationsimpulsen oder gar zur Bekämpfung der sozialen Schieflage. Zumal CO2 erst in zwei Jahren ein Preisschild bekommen soll – und dann mit lächerlichen 10 Euro/Tonne CO2 beginnt. Das sind Preise, die im Bereich der natürlichen Preisschwankungen an der Tankstelle liegen. Damit sind sie weit unter jeder Lenkungswirkung. Bis 2025 soll dann der Preis auf 35 Euro/Tonne CO2 steigen. Dieser lahmende Preisanstiegspfad läuft den von der Bundesregierung selbst in Auftrag gegebenen fachlichen Gutachten und Einschätzung völlig zuwider. Ab 2026 ist völlig unklar, wie sich das System eines nationalen Emissionshandels für Kraft- und Heizstoffe entwickeln wird. Zumal es verfassungsrechtlich bedenklich ist. 


Außerdem garantiert die Regierung nicht, dass die Gelder vollständig an die Bürger*innen zurückfließen. Angedeutet wird eine Rückerstattung über die Senkung der EEG-Umlage von anfangs 0,25 Cent/KWh und der Erhöhung der Pendlerpauschale (ab dem 21. km 35 Cent pro Km). Das ist nicht nur intransparent sondern auch unsozial, wenn der Ausstoß von fahrbedingten Emissionen noch belohnt wird.

Im europäischen Emissionshandel soll ein „moderater Mindestpreis“ eingeführt werden. Wie dieser ausgestaltet ist, in welcher Höhe und wie das erreicht werden soll, dazu schweigt das Eckpunktepapier, sowie der detailliertere BMU-Entwurf.


Die Große Koalition hat oft betont, dass die CO2-Bepreisung ihr Leitinstrument der Klimapolitik werden soll. Was dabei rausgekommen ist, zeigt, wie ernst es der Regierung mit einer wirksame Klimawende ist: Planlos, wirkungslos und unsozial.


Wir brauchen eine ökologisch wirksame, sozial gerechte und ökonomisch vernünftige CO2-Bepreisung: die Energiesteuern im Bereich Verkehr und Wärme mit einer CO2-Komponente reformieren, Einstiegspreis im Jahr 2019: 40€/t CO2. Mit den Einnahmen wollen wir die Stromsteuer abschaffen und führen als sozialen Ausgleich ein Energiegeld für alle ein. Ein planbarer Anwuchs beim CO2 schafft Planungssicherheit und bringt die notwendige Lenkungswirkung. Wir schlagen einen Mindestpreis im Europäischen Emissionshandel von ebenfalls 40€ vor, den wir gemeinsam mit europäischen Partnerländern wie Frankreich einführen wollen.

Maßnahmen der jeweiligen Sektoren


ERNEUERBARE ENERGIEN

  • Positiv zu bewerten ist der Wegfall des Deckels für Photovoltaik und der geplante Zubau von 20 GW Offshore-Windenergie. Laut Entwurf des BMU sollen die jährlichen Ausbaumengen für Onshore-Wind und Photovoltaik zudem jeweils um 1000 Megawatt brutto steigen – wobei unklar ist, ob dieser Zusatz die Ressortabstimmung überlebt. Dass Speicher von bestehenden Umlagen und Abgaben befreit werden sollen, entspricht unseren Forderungen.
  • Dem sowieso schon zusammengebrochenen Ausbau der Windenergie an Land wird ein zusätzlicher harter Schlag versetzt. Die geplanten 1000 Meter Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung, führen dazu, dass der Ausbau nicht wieder auf die Beine kommen wird. Diese neuen Abstandregelungen sollen auch für bestehende Bebauungspläne gelten. Das UBA hat gewarnt, dass das zu einer Halbierung der verfügbaren Flächen führen wird. Bayern hat es zudem geschafft, seine widersinnige 10H-Regel explizit in den Eckpunkten der Bundesregierung zu verankern.
  • Besonderes Augenmerk ist auch auf die schwammige Formulierung der „dörflichen Strukturen mit signifikanter Wohnbebauung“ des Eckpunktepapiers zu legen. Die Ungenauigkeit der Formulierung öffnet Tür und Tor, dass der ohnehin verknappte Bebauungsgrund für Erneuerbare Energien weiter schrumpft.
  • Bei Mieterstrom sollen Verbesserungen lediglich geprüft werden. Konkrete Maßnahmen werden nicht genannt.

Wie die Bundesregierung ihr Ziel von 65% Erneuerbaren erreichen will, bleibt völlig unklar. Laut Agora Energiewende kann das Ziel mit den vorliegenden Maßnahmen jedenfalls nicht erreicht werden. Eine Erhöhung der Ausbauziele für einzelne Technologien reicht nicht aus. Damit überhaupt ausreichend neue Anlagen gebaut werden können, brauchen wir ein nationales Flächenziel und ganz konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Genehmigungslage insbesondere bei der Windenergie an Land.


Gebäude/Wärme

  • Die nächste Überprüfung der energetischen Standards erfolgt erst im Jahr 2023. Diese sind zudem dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterworfen.
  • Die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung für selbstnutzende Eigentümer*innen ist positiv zu bewerten. Auch wir fordern diese Maßnahme schon seit langem. Leider vergisst die GroKo dabei die Mieterinnen und Mieter: Sie verzichtet auf warmmieten-neutrale Sanierungen und faire Kostenverteilung, überlässt Mieter*nnen die Rechnung und gibt ihnen keine Informationen und Anreize zum Mitmachen. Die minimale Erhöhung des Wohngelds ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
  • Die Abwrackprämie für Ölheizungen klingt gut, wird aber dadurch konterkariert, dass bis 2026 (übernächste Legislaturperiode) überall noch neue Ölheizungen eingebaut werden dürfen, und danach noch weiterhin dort „wo klimafreundlichere Wärmeerzeugung nicht möglich ist“. Doch um einen nahezu klimaneutralen Bestand bis 2050 im Gebäudesektor zu erzielen, müssen bereits heute die Investitionen in die Technik von morgen fließen.

Insgesamt wird mit den jetzt vorliegenden Maßnahmen ein viel zu niedriger Effizienzstandard angestrebt, der den Gebäudesektor nicht auf einen Pfad zur Einhaltung der Pariser Klimaziele bringen wird.


Verkehr

  • Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos auf 1 Million Ladesäulen bis 2030 ist das richtige Ziel, die Frage ist, wie die GroKo das selbstgesteckte Ziel sicher erreichen will.
  • Besonders fragwürdig ist die Anhebung der Pendlerpauschale. Sie konterkariert die ohnehin moderate Anhebung der Kraftstoffpreise ab 2021. Die Aufschläge auf die Diesel und Benzin liegen im Bereich der normalen Schwankungen an der Zapfsäule, erzeugen also null Lenkungswirkung. Die Regelung „ab dem 21. Kilometer“ ist zudem rechtlich äußerst fragwürdig. Die steuerliche Entlastung durch die Entfernungspauschale kommt vornehmlich Besserverdienenden zugute – diese werden jetzt noch weiter begünstigt.
  • So richtig und begrüßenswert insgesamt die angekündigten Ausgaben für Schiene, ÖPNV und Radverkehr oder die Mehrwertsteuerabsenkung für Bahntickets auch sind (wir Grüne haben sie seit langem gefordert), so unklar ist, wie die Bundesregierung ihre Ausgaben finanzieren will und wie viel am Ende in Sachen Emissionsminderung dabei herauskommt. So ist bei den 86 Milliarden Euro für Ersatzinvestitionen für die Bahn nicht klar, wieviel zusätzlich, wieviel aus Eigenmitteln der Bahn finanziert wird. Hier ist nichts konkret beziffert, nichts finanziell abgesichert und nicht geregelt, wie gegebenenfalls nachgesteuert wird, wenn die gewünschten Klimaschutzeffekte nicht eintreten.

Insgesamt wimmelt der Verkehrsbereich von Ankündigungen, deren konkrete Ausführung unklar bleibt. Eine echte Verkehrswende wird nicht angepackt. Wir bräuchten aber einen konsequenten Ausbau von Bahn, Bus, Rad- und Fußverkehr, den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor bei Pkw-Neuzulassungen bis 2030, eine Umstellung der Kfz-Steuer mit einem deutlichen Bonus für E-Autos und einem Malus für SUV und andere Spritschlucker, das Ende der Diesel- und Kerosinsubvention, verlässliche Mittel für den flächendeckenden Ausbau der Schiene bei gleichzeitigem Abschmelzen der Mittel für den Straßenneubau, die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Straßen, eine umfassende Reform der Straßenverkehrsordnung und Sicherheitstempo 130 auf Autobahnen.


LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT

  • Die Stickstoffüberschüsse sollen gesenkt werden. Das ist wichtig, wird aber sicher nicht mit der geplanten Düngeverordnung zu schaffen sein, die von der EU-Kommission als unzureichend kritisiert wird.
  • Der Ökolandbau soll ausgebaut werden. Das Wachstum des Ökolandbaus geschah in den letzten Jahren trotz der Politik der Regierung – nicht wegen ihr. Die Regierung erklärt nicht, welche Ziele sie hat und mit welchen Maßnahmen sie das jetzt besser machen will.
  • Die Treibhausgase aus der Tierhaltung sollen verringert werden. Auch hier bleibt die Bundesregierung in den Maßnahmen windelweich: Es soll v.a. die Förderung der Flächenbindung angepasst werden. Konkret und effektiv ist das nicht.

Die grundlegenden Stellschrauben im Agrarsektor geht die GroKo nicht an: Senkung der Tierzahlen und ein klares Bekenntnis zu einer klimafreundlichen Gemeinsamen EU-Agrarpolitik. Viele der oftmals schwammig bis nebulös formulierten Maßnahmen sind einfach eine Weiterführung aktueller Agrarpolitik. Wie damit Emissionen gesenkt werden sollen, ist völlig unklar.


INDUSTRIE

  • Im Industriebereich präsentiert die GroKo klassische Förderprogramme für Energie- und Ressourceneffizienz. Programme sind überwiegend bereits vorhanden und werden nur neu verpackt. Die geplanten wettbewerblichen Ausschreibungen für Effizienzmaßnahmen sind eine grüne Forderung und werden von uns begrüßt. Allerdings fehlen Aussagen zum Volumen und damit zur Reichweite der Maßnahmen.
  • Mit dem nationalen Dekarbonisierungsprogramm sollen Entwicklung, Demonstration und Markteinführung von Projekten zur Reduzierung prozessbedingter Emissionen gefördert werden. Das ist neu und grundsätzlich sinnvoll.

Stattdessen bräuchte es einen wirksamen CO2 Preis, der Planungs- und Investitionssicherheit schafft und eine Reform der Energiesteuern und Umlagen, die Ausnahmen auf Bereiche und Prozesse beschränkt, denen durch eine CO2-Bepreisung erhebliche Nachteile im internationalen Wettbewerb entstehen würden.


Meine Rede zum Thema im Bundestag hier ansehen