Gestern hat die GroKo ihre (von allen Seiten kritisierte) Wahlrechtsreform durchgepeitscht. Wir Grüne sind für eine Wahlrechtsreform, aber gestern haben wir gegen diese schlechte Scheinreform von CSU, CDU und SPD gestimmt, denn:
1. Die Reform wird den Bundestag kaum verkleinern, möglicherweise gar vergrößern. Es verfehlt völlig seine Wirksamkeit!
2. Es besteht die Möglichkeit, dass gar ein negativer Stimmeffekt auftritt und das wäre verfassungswidrig!
Es ist ein Armutszeugnis, dass die Bundesregierung und allen voran die CSU jegliche Kritik an ihrem Konzept ignoriert und stattdessen eine Reform auf den Weg bringt, die das Wahlrecht nur weiter verkompliziert. Mit dieser Scheinreform vertut die Große Koalition die Chance, gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen eine wirksame Wahlrechtsreform auf der Grundlage des personalisierten Verhältniswahlrechts auf den Weg zu bringen. CSU, CDU und SPD werden sich im nächsten Jahr erklären müssen, warum der kommende Bundestag vermutlich so weit anwachsen wird, dass die Arbeitsfähigkeit des Bundestages belastet sein wird.
Wir Grüne haben gemeinsam mit FDP und Linke einen eigenen Vorschlag zur Wahlrechtsreform eingebracht. Wir schlagen eine Reform im bestehenden System der personalisierten Verhältniswahl vor: Das Erst- und Zweitstimmenprinzip sowie die Wahlmodi – Mehrheitswahlrecht in Bezug auf die Erststimme sowie Verhältniswahlrecht in Bezug auf die (entscheidende) Zweitstimme – werden nicht verändert. Gleichwohl zeigen wir uns im Gesetzentwurf selbst auch of- fen für andere Modelle, die die Problematik einer massiven Vergrößerung des Parlaments lösen.
Die insbesondere von CDU und CSU öffentlich vertretene Auffassung, die mit dem Gesetzentwurf vorgestellte Lösung träfe die CDU und die CSU negativ und käme nur den Initiatorinnen zugute, ist falsch: Die letztendliche Zusammensetzung des Bundes- tages richtet sich – wie nach dem gültigen Wahlrecht auch – ausschließlich nach dem bundesweit erzielten Zweitstimmener- gebnissen der Parteien. So hätte z. B. unsere Fraktion bei Anwendung des neuen Wahlrechts bei der Bundestagswahl statt 67 Mandaten nur 59 Mandate erreicht. Das Verhältnis der Mandatszahlen zwischen den Parteien bliebe völlig unangetastet. Richtig ist, dass insgesamt weniger Direktmandate vergeben werden und damit jede Partei, die Erfolgsaussichten auf Direktmandate besitzt, weniger davon erzielen kann.