Zukunft wird aus Mut gemacht – Ein voller Erfolg!

 

Ein voller Saal im Bamberger Bootshaus – eine fulminante Claudia Roth und aktive Mitglieder und SympathisantInnen: So haben wir uns den Wahlkampfauftakt vorgestellt! Warum braucht es uns Grüne?

Claudia Roth ist nicht umsonst seit vielen Jahrzehnten eines der prominentesten und authentischsten grünen Gesichter und machte in ihrer emotionalen Rede klar, dass diese Republik Grüne braucht wie nie zuvor. In dem untenstehende Interview mit Julian Fuchs, Vorständin bei den Grünen Bamberg-Stadt macht sie das deutlich: Mitglieder und Sympathisantinnen nutzen den Abend um an Partizipationswänden Ideen für den Wahlkampf zu sammeln und sich mit Buttons und Foto-Statements zu versorgen. Haltung zeigen – war das Motto.

Interview mit Claudia Roth, 29.4.2017

Die CDU/CSU hat den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen, Sonnenkollektoren prangen auf vielen Hausdächern und übrigens auch bayerischen Feldern – sind die erneuerbaren Energien überhaupt noch ein speziell grünes Thema?

Die Regierungsparteien betreiben greenwashing. Von den auf dem Klimagipfel in Paris beschlossenen Zielen sind sie meilenweit entfernt. Das ganze Thema Energieeinsparung, erneuerbare Energie, Energieeffizienz, das ist ein zentrales Thema der Grünen.

Die Grünen werden vor allem als Öko-Partei wahrgenommen. Wie können Grüne von diesem Image wegkommen?

Soziale Gerechtigkeit und Ökologie sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn wir dem Klimawandel nichts entgegensetzen, werden wir in einigen Jahren 400-500 Mio. Klimaflüchtlinge haben, sagt Prof. Schellnhuber, Klima-Berater der Bundesregierung. Wer Klima auf morgen verschieben will, handelt absolut unverantwortlich.

Gerechtigkeit ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Wie sieht eine Gesellschaft aus, die Vielfalt demokratisch gestaltet? Wie sieht deutsche Politik aus in einem gerechteren, sozialeren, freizügigeren Europa? Und selbst wenn es nur die Klimafrage wäre: Sie ist die Existenzfrage unseres Planeten.

Neben den erneuerbaren Energien ist die Genderfrage, die Frage nach einer Gleichstellung von Männern und Frauen, ein Thema der Grünen. Auch hier: Ist diese Frage noch aktuell?

Wir haben immer noch viele patriarchale Strukturen. Deutschland ist unter den ersten Drei in der Europäischen Union, was die Lohnungerechtigkeit angeht. Die gesellschaftlich mit am bedeutsamsten Berufe – wenn Kinder unsere Zukunft sind, so sind es diese Berufe, die mit Kindern zusammenhängen. Leider sind diese Berufe drastisch unterbezahlt und gesellschaftlich wenig anerkannt. Und in diesen Berufen arbeiten überwiegend Frauen. Von dem Gleichheitsgesetz der Bundesregierung profitieren 60% der Frauen überhaupt nicht. Es geht nicht nur um Zahlen, auch in der Politik ändert sich etwas, wenn die Perspektive der Frauen miteinfließt in die Wirtschaftspolitik und die Männerperspektive in die Familienpolitik.

Frauen sind viel stärker als Männer von der Armutsfalle bedroht, nicht erst im Alter. Welche Ideen haben die Grünen, diese gesellschaftliche Ungleichheit zu ändern?

Frauen sollten zu Berufen ermutigt werden, in denen sie mehr Erfolg haben. Da geht es aber auch um die Berufe, in denen vorwiegend Frauen tätig sind. Diese Berufe müssen ganz anders eingestuft werden in ihrer gesellschaftlichen Anerkennung, das geht nur mit einer finanziellen Anerkennung. Es ist ein Skandal, dass in diesem Land alleinerziehende Mütter potentiell armutsgefährdet sind und dass nach wie vor die Infrastruktur für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht hinreichend ausgebaut ist. Und es ist ein Riesenskandal, dass wir in unserem Land die größten Vermögensunterschiede von Mann und Frau haben im Euro-Raum. D.h. es muss eine Umverteilung geben. Da braucht es Druck auf die Rahmenbedingungen, aber auch eine noch viel stärkere Vernetzung von uns Frauen.

Menschen aus anderen Ländern, die in Deutschland Schutz vor Krieg, Terror und Gewalt suchen, werden in unserem Land nicht selten als gefühlte Bedrohung wahrgenommen. Ist das Thema „Sicherheit“ auch ein „grünes“ Thema?

Das Thema Menschenrechtspolitik, Flüchtlingspolitik beschäftigt die Grünen, so lange es sie gibt. Ich habe noch nie in Deutschland so viel Solidarität, so viel Herzenswärme erlebt, so viel Aufnahmebereitschaft erlebt, seit die Bundesregierung gesagt hat: „Wir schaffen das“. Sie zu unterstützen, auf sie zu vertrauen – darum geht es. Es gibt Menschen, die verunsichert sind. Diese Verunsicherung müssen wir ernst nehmen. Aber Ängste ernst nehmen und Ängste schüren, ist ein großer Unterschied. Wir müssen mit Zahlen argumentieren: Von den 67 Mio. Flüchtlingen (Zahlen des UNHCR) kommen gerade 8% nach Kanada und ins reiche Europa. Die Türkei, wo es viel zu kritisieren gibt, hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als ganz Europa zusammen; der Libanon mit 4,2 Mio. Einwohnern hat über eineinhalb Mio. Flüchtlinge. Wir haben viele Flüchtlinge aufgenommen, aber im Vergleich zu anderen deutlich wenig. Was sind die Fluchtursachen? Warum liefern wir Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien, das Jemen zurück ins Mittelalter bombt.

Was es nie geben kann, ist, dass wir mit einer Obergrenze argumentieren. Art. 16 ist derjenige Grundrechtsartikel, der am allermeisten verbunden ist mit Art. 1, der Menschenwürde. Wir wollen dieses Grundrecht nicht zugrunde richten. Und da gibt es die Kirchen als unsere Bündnispartner, die Menschenrechtsorganisationen und viele Ehrenamtliche.

„Zukunft wird aus Mut gemacht“, ist das Motto der heutigen Veranstaltung – was macht Mut in diesen finsteren Zeiten?

Mut kommt aus der Überzeugung, dass wir die Erde von unseren Kindern nur geborgt haben und dass wir verantwortlich sind für den Zustand unserer Gesellschaft, für die Zukunft von Europa – als ein starker Akteur in Zeiten von Trump, Putin, Erdogan und anderen. Mut heißt sich nicht verstecken, sondern Gesicht zu zeigen. Ich sage immer: David hat am Schluss auch gegen Goliath gewonnen.

Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen herzlichen Dank.

Das Interview wurde unmittelbar vor der Wahlkampfveranstaltung der Grünen mit Claudia Roth geführt, die Fragen stellte Dr. Juliane Fuch

Interview mit Claudia Roth, 29.4.2017

Die CDU/CSU hat den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen, Sonnenkollektoren prangen auf vielen Hausdächern und übrigens auch bayerischen Feldern – sind die erneuerbaren Energien überhaupt noch ein speziell grünes Thema?

Die Regierungsparteien betreiben greenwashing. Von den auf dem Klimagipfel in Paris beschlossenen Zielen sind sie meilenweit entfernt. Das ganze Thema Energieeinsparung, erneuerbare Energie, Energieeffizienz, das ist ein zentrales Thema der Grünen.

Die Grünen werden vor allem als Öko-Partei wahrgenommen. Wie können Grüne von diesem Image wegkommen?

Soziale Gerechtigkeit und Ökologie sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn wir dem Klimawandel nichts entgegensetzen, werden wir in einigen Jahren 400-500 Mio. Klimaflüchtlinge haben, sagt Prof. Schellnhuber, Klima-Berater der Bundesregierung. Wer Klima auf morgen verschieben will, handelt absolut unverantwortlich.

Gerechtigkeit ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Wie sieht eine Gesellschaft aus, die Vielfalt demokratisch gestaltet? Wie sieht deutsche Politik aus in einem gerechteren, sozialeren, freizügigeren Europa? Und selbst wenn es nur die Klimafrage wäre: Sie ist die Existenzfrage unseres Planeten.

Neben den erneuerbaren Energien ist die Genderfrage, die Frage nach einer Gleichstellung von Männern und Frauen, ein Thema der Grünen. Auch hier: Ist diese Frage noch aktuell?

Wir haben immer noch viele patriarchale Strukturen. Deutschland ist unter den ersten Drei in der Europäischen Union, was die Lohnungerechtigkeit angeht. Die gesellschaftlich mit am bedeutsamsten Berufe – wenn Kinder unsere Zukunft sind, so sind es diese Berufe, die mit Kindern zusammenhängen. Leider sind diese Berufe drastisch unterbezahlt und gesellschaftlich wenig anerkannt. Und in diesen Berufen arbeiten überwiegend Frauen. Von dem Gleichheitsgesetz der Bundesregierung profitieren 60% der Frauen überhaupt nicht. Es geht nicht nur um Zahlen, auch in der Politik ändert sich etwas, wenn die Perspektive der Frauen miteinfließt in die Wirtschaftspolitik und die Männerperspektive in die Familienpolitik.

Frauen sind viel stärker als Männer von der Armutsfalle bedroht, nicht erst im Alter. Welche Ideen haben die Grünen, diese gesellschaftliche Ungleichheit zu ändern?

Frauen sollten zu Berufen ermutigt werden, in denen sie mehr Erfolg haben. Da geht es aber auch um die Berufe, in denen vorwiegend Frauen tätig sind. Diese Berufe müssen ganz anders eingestuft werden in ihrer gesellschaftlichen Anerkennung, das geht nur mit einer finanziellen Anerkennung. Es ist ein Skandal, dass in diesem Land alleinerziehende Mütter potentiell armutsgefährdet sind und dass nach wie vor die Infrastruktur für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht hinreichend ausgebaut ist. Und es ist ein Riesenskandal, dass wir in unserem Land die größten Vermögensunterschiede von Mann und Frau haben im Euro-Raum. D.h. es muss eine Umverteilung geben. Da braucht es Druck auf die Rahmenbedingungen, aber auch eine noch viel stärkere Vernetzung von uns Frauen.

Menschen aus anderen Ländern, die in Deutschland Schutz vor Krieg, Terror und Gewalt suchen, werden in unserem Land nicht selten als gefühlte Bedrohung wahrgenommen. Ist das Thema „Sicherheit“ auch ein „grünes“ Thema?

Das Thema Menschenrechtspolitik, Flüchtlingspolitik beschäftigt die Grünen, so lange es sie gibt. Ich habe noch nie in Deutschland so viel Solidarität, so viel Herzenswärme erlebt, so viel Aufnahmebereitschaft erlebt, seit die Bundesregierung gesagt hat: „Wir schaffen das“. Sie zu unterstützen, auf sie zu vertrauen – darum geht es. Es gibt Menschen, die verunsichert sind. Diese Verunsicherung müssen wir ernst nehmen. Aber Ängste ernst nehmen und Ängste schüren, ist ein großer Unterschied. Wir müssen mit Zahlen argumentieren: Von den 67 Mio. Flüchtlingen (Zahlen des UNHCR) kommen gerade 8% nach Kanada und ins reiche Europa. Die Türkei, wo es viel zu kritisieren gibt, hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als ganz Europa zusammen; der Libanon mit 4,2 Mio. Einwohnern hat über eineinhalb Mio. Flüchtlinge. Wir haben viele Flüchtlinge aufgenommen, aber im Vergleich zu anderen deutlich wenig. Was sind die Fluchtursachen? Warum liefern wir Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien, das Jemen zurück ins Mittelalter bombt.

Was es nie geben kann, ist, dass wir mit einer Obergrenze argumentieren. Art. 16 ist derjenige Grundrechtsartikel, der am allermeisten verbunden ist mit Art. 1, der Menschenwürde. Wir wollen dieses Grundrecht nicht zugrunde richten. Und da gibt es die Kirchen als unsere Bündnispartner, die Menschenrechtsorganisationen und viele Ehrenamtliche.

„Zukunft wird aus Mut gemacht“, ist das Motto der heutigen Veranstaltung – was macht Mut in diesen finsteren Zeiten?

Mut kommt aus der Überzeugung, dass wir die Erde von unseren Kindern nur geborgt haben und dass wir verantwortlich sind für den Zustand unserer Gesellschaft, für die Zukunft von Europa – als ein starker Akteur in Zeiten von Trump, Putin, Erdogan und anderen. Mut heißt sich nicht verstecken, sondern Gesicht zu zeigen. Ich sage immer: David hat am Schluss auch gegen Goliath gewonnen.

Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen herzlichen Dank.

Das Interview wurde unmittelbar vor der Wahlkampfveranstaltung der Grünen mit Claudia Roth geführt, die Fragen stellte Dr. Juliane Fuchs.