Fordern Sie nicht nur S-Bahn Halte, sondern fahren Sie auch S-Bahn! Grüne Haushaltsrede

Am 27. Februar wurde der Kreishaushalt verabschiedet. Unsere Meinung habe ich in der grünen Haushaltsrede vorgestellt und ihr konnt sie hier nachlesen.

Große Themen waren die dringend zu vermeidenden weiteren Kostensteigerungen bei der Schulsanierung, die schlechte Lage der Kreisklinik, der Ausbau des ÖPNV und die dringend benötigten Windräder im Landkreis.

Auch die Nordbayerischen Nachrichten haben am 1. März berichtet.

Kenndaten Haushalt

Kenndaten Haushalt

Personalkosten

Schulsanierung

Klinik Fränkische Schweiz

Straßenneubau

ÖPNV

2013: Das Jahr der Ergebnisse

 

Kreistag, 27. Februar 2013

 

Sehr geehrter Herr Landrat,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

Frühe Verabschiedung Haushalt

Landsberg am Lech war in den Schlagzeilen. Unter anderem als Folge riskanter Derivatgeschäfte lasten so viele Schulden auf der Stadt, dass eine Bürgerinitiative schon nach Kurzarbeit der Verwaltung gerufen hat. Soweit ist der unser Landkreis glücklicherweise noch nicht, was ich auch auf die hervorragende Arbeit unserer Kämmerin Carmen Stumpf zurückführe.

 

Der positive Trend setzt sich fort: Wir verabschieden diesen Haushalt nun schon im Februar und Ende des letzten Jahres haben Sie, Fr. Stumpf, schon die Eckpunkte vorgelegt. Auch dafür möchte ich Ihnen danken, wir freuen uns sehr, dass unsere Anregungen seit langen Jahren hier im Kreistag vorgetragen, aber auch im Rechnungsprüfungsausschuss, auf offene Ohren gestoßen sind.

 

Kenndaten Haushalt

Wir reden heute über einen Haushalt mit einem Gesamtvolumen von über 84 Millionen und sind bei einer Gesamtverschuldung von über 37 Millionen Euro angelangt. Die Kreisumlage lässt den Gemeinden mit 53.6 Punkten Luft zum Atmen und ermöglicht gleichzeitig 2013 den Einstieg in die großen Sanierungen praktisch ohne Neuverschuldung. Erfreulich sind auch die angewachsenen liquiden Mittel für die enormen Investitionen der nächsten Jahre. Durch die Inanspruchnahme von günstigen KfW-Krediten konnte der Schuldendienst begrenzt werden. Mit Sorge betrachten wir allerdings weiterhin die steigenden Personalkosten.

 

Personalkosten

Seit 2008 beläuft sich die Steigerung um 15 auf 18,3 Millionen. Offensichtlich ist: Wir können so nicht weitermachen. Auch ein Gutachten des kommunalen Prüfverbands (das uns übrigens immer noch nicht vollständig vorliegt) kann hier kein Denkverbot sein. Zaghafte Schritte in die Richtung macht dieser HH-Entwurf, der im Gegensatz zum letzten etwas weniger an Personalkosten vorsieht.

 

Das Thema Jugendhilfe wird so gut wie jedes Jahr kritisch diskutiert, daher ist es doch dieses Jahr durchaus der Bemerkung wert, dass der Zuschussbedarf bei der Jugendhilfe 2012 um 400.000 Euro geringer war als geplant.

 

Und auch bei den kleinen Kosten sollten wir noch genauer hinschauen: Zum Beispiel kostet der Vertrag der Realschule Ebermannstadt Vertrag mit der Service GmbH genauso viel wie an der Realschule Forchheim Essen und Mittagsbetreuung zusammen. Es bleibt weiterhin die Frage ob wir uns nahe der Innenstadt als Landkreis eine Cafeteria in dem Ausmaß leisten wollen.

 

Schulsanierung

Die große Herausforderung ist und bleibt die Sanierung unserer Schulen. War diese Herausforderung Hr. Landrat zwar auch schon beim Ihrem Amtsantritt, 1996, abzusehen, so wird sie doch erst diese Wahlperiode angegangen, weswegen wir jetzt einen riesigen Berg abarbeiten. Bei allen positiven Zahlen in diesem Haushalt dürfen wir natürlich nicht die Gefahren dieses Pakets aus dem Auge verlieren.

 

Kostensteigerungen sind nicht normal

Und ich muss Ihnen sagen, wenn ich ein Planungsbüro im November 2012 im Fachausschuss sagen höre: Abweichungen von 15-20 Prozent von ursprünglichen Kostenberechnungen sind normal, dann muss ich sagen, nein, sie sind es nicht.

 

Wir haben die eklatanten Steigerungen bereits erlebt:

  • von 6,85 auf mittlerweile 10,4 Millionen: EGF + EGF Turnhalle

  • aktuell die Planungskosten für die Sanierung des Gymnasiums Fränkische Schweiz, die sich mit über 12 Millionen nun verdoppelt haben

Aber: Preissteigerungen sind kein Naturgesetz!

 

Gegenmaßnahmen

Viele größere Kommunen ergreifen Gegenmaßnahmen,.z.B. arbeitet München mit einem Projektsteuerer, der schon im Preisgericht des Architekturwettbewerbs sitzt und auf die wirtschaftliche Effizienz achtet. Außerdem wird von den letzten im Auswahlverfahren verbliebenen Büros eine Vorplanung verlangt, die auch gesondert honoriert wird. Der Leiter des dortigen Baureferats sagt: „Wir haben seit zehn Jahren keine Mehrkosten mehr“.

 

Bei uns im Landkreis ist die Verwaltung offensichtlich nicht in der Lage und kann angesichts des gewaltigen Pakets auch nicht mehr in der Lage sein den Überblick zu behalten. Daher sind wir KreisrätInnen nicht untätig geblieben. Im Rechnungsprüfungsausschuss haben wir uns zusammen mit den anderen Fraktionen bspw. immer wieder die aktuellen Zahlen der Sanierung der Gebäude B/C vorlegen lassen.

Vor allem begrüßen wir Grüne es sehr, dass wir vor kurzem mit Mehrheit hier in diesem Gremium eine externe Kostenkontrolle beschlossen haben. Dies entbindet uns keineswegs von unserer Rolle und Verantwortung die wir als KreisrätInnen gegenüber der Bevölkerung haben. Auch auf grüne Anregung hin werden Bauaufträge nun nicht mehr freihändig, sondern nur noch mit Ausschreibung vergeben. Die vorherige Praxis war untragbar und musste geändert werden. Mittlerweile und diesen Punkt will ich besonders betonen, sind die Verträge auch so beschaffen, dass ArchitektInnen nicht mehr für Kostensteigerungen belohnt werden, eine Initiative von Hr. Neuner, die ich für besonders unterstützenswert halte.

 

Wenn auch das ein oder andere Kind schon in den Brunnen gefallen ist und wir manche Dinge nicht mehr rückgängig machen können, müssen wir doch heute mit Blick auf das kommende Jahr sagen: Wir schlagen den richtigen Weg ein.

 

Auch bei der Feinsteuerung sollten wir wachsam sein: Lüftungsanlagen, die wir alle wollen, schlucken Strom. Wir sollten aber bei der Technisierung von Schulen auf dem Teppich bleiben: Wenn bspw. durch Whiteboards in jedem Klassenzimmer irgendwann die durch die Sanierung eingesparten Kosten wieder aufgefressen werden, dann haben wir eben den falschen Weg eingeschlagen.

 

Klinik Fränkische Schweiz

Deutlich vom richtigen Weg abgekommen ist unsere Kreisklinik, die Klinik Fränkische Schweiz. Hier werden konstruktive Anregungen der grünen Fraktion leider seit Jahren in den Wind geschlagen: So wurde trotz unserer Warnungen die Wirtschaftsprüferin Fr. Seidl immer weiter beschäftigt. So ist der Wirtschaftsplan für 2012 bis heute nicht genehmigt worden.

Und vor allem stehen wir dieses Jahr vor einem Minus von 1,9 Millionen Euro und vor existenziellen Fragen. Das kam scheinbar über Nacht. Von Herrn Penzhorn konnten wir die letzten Jahre hören „wir werden von der Politik schlechter geredet als wir sind“ und noch im August 2012 verkündete er „die Klinik sei kein sterbender Patient sondern ein leistungsfähiges Krankenhaus“. Da frage ich mich doch, wo war der Aufsichtsrat eigentlich die letzten Jahre? Hat er kontrolliert?

 

Ein Weiter so kann es bei der Klinik nicht geben, außer wir verabschieden im Kreistag immer neue und immer höhere Bürgschaften. Wir brauchen schnell neue Perspektiven und sollten dabei für alles offen sein. Und wieder gilt: Von Fusionierung und Zusammenarbeit bis zu einer Neuausrichtung darf es keine Denkverbote geben. Und auch hier, ich kann es Ihnen nicht ersparen, sind wir Grüne seit Jahren weitsichtig und drängen auf eine engere Zusammenarbeit der Kliniken. Hr. Stumpf hat angekündigt dass im Februar diesen Jahres das Gutachten zur medizinischen Aufgabenteilung in beiden Krankenhäusern vorliegt, ich glaube es hat sich jetzt auf März verschoben. Das wird uns, denke ich, auch noch einmal Aufschluss geben.

 

Auch hier freuen wir uns auf eine konstruktive Debatte im Jahr 2013 und sagen Ihnen Herr Landrat in dieser Fragestellung Unterstützung zu. Nur Stillstand darf es keinen geben.

 

Straßenneubau

Wo wir uns einen Stillstand seit Jahren wünschen und dass wissen Sie, ist bei den Straßenneubauten. Wir begrüßen es, dass in diesem Haushalt kaum mehr welche enthalten sind. Wir fordern auch eine Rückstellung der Ausbaumaßnahmen, so lange die Sanierungen laufen. Lediglich Unterhaltsmaßnahmen sollten angegangen werden. Die Förderrichtlinien der Regierung bleiben weiterhin falsch. Im Gegenteil wenn man sich den kommenden demographischen Wandel anschaut sollten wir vielleicht irgendwann sogar an Straßenrückbau denken.

 

Die Bevölkerung ist da weitaus schlauer, wie wir bei der Planung der Trubachtalquerung gesehen haben, wo sich Landrat und Kreistag glücklicherweise vernünftig gezeigt haben und letztendlich auf grüne Linie eingeschwenkt sind. Nach der Nordumgehung Hausen ist es das zweite Kreisprojekt, das an den BürgerInnen gescheitert ist, die offensichtlich schon weiter sind als die Kreisverwaltung, Freie Wähler und CSU. Die Konsequenz daraus muss doch für Sie alle sein: Bekennen Sie sich zu unserer Kultur- und Naturlandschaft, statt auf kaum zu realisierende Umgehungsstraßen zu setzen! In diesem Zusammenhang habe ich mich gefreut von Herrn Kränzlein heute zu hören, dass sich die gesamte SPD im Landkreis Forchheim mit allen Ortsverbänden gegen eine Südumgehung ausspricht! Auch das sind Steuergelder, die dringend für den Erhalt von Staatsstraßen benötigt werden, die ja auch durch den Lk. FO führen. Und keine der neuen Straßen wird den Verkehr reduzieren, sondern einfach nur verlagern, schlimmstenfalls sogar BürgerInnen woanders belasten.

 

 

ÖPNV

Dem positiven Trend der „Straßeneinsparung“, zumindest bei den Kreisstraßen, steht leider kein Umsteuern beim ÖPNV entgegen. Natürlich werden wir die Straßen weiterhin stark belasten, wenn wir uns nicht umstellen! Wir fordern ein schlüssiges P+R-Konzept für den Landkreis mit dem Ziel der Verlagerung von Pendlerströmen auf die schienengebundenen Verkehrsträger getreu dem Motto: Fordern Sie nicht nur S-Bahn Halte, fahren Sie auch mit der S-Bahn! Dann erkennen Sie nämlich wo es an den Schnittstellen mangelt: Wir fordern einen Radweg Hausen – Bhf. Kersbach, denn Radwege haben ihre Bedeutung nicht nur für den Tourismus, sondern vor allem auch für einen vernetzten ÖPNV.

 

Und: Der ÖPNV ist eine soziale Aufgabe und sichert die Mobilität gerade für Jugendliche, SeniorInnen und sozial Schwache. Statt wie einige Fraktionen rechts von mir ständig daran herumzumäkeln, sollten wir auch zukünftig weitblickend in die verbesserte Vertaktung und Verdichtung bei den Buslinien investieren! Ausdrücklich bedanken wollen wir uns bei Herrn Hummel für die gute Zusammenarbeit und die Bereitschaft den „Busbonus“ einzuführen, übrigens durchaus auch für andere Gemeinden im Landkreis gedacht. Zeigen wir den Menschen dass wir mittlerweile ein beachtliches Busliniensystem vorhalten und ermuntern wir sie es zu nutzen!

 

2013: Das Jahr der ErgebnisseHerr Landrat, 2013 muss das Jahr der Ergebnisse werden: Sie haben schon letztes Jahr gesagt, der kommunal oder regional organisierte Strom- und Wärmemarkt ist ein Zukunftsmarkt. Jetzt gilt es das, was die Arbeitsgruppen im Integrierten Klimaschutz erarbeitet haben, auch umzusetzen. Es darf nicht wieder so laufen, wie bei der Arbeitsgruppe zum Bildungsbüro, die Sie abgebrochen haben, weil Ihnen das Ergebnis nicht gepasst hat. Und kurze Zeit später haben Sie dann einfach mittels Ihrer Organisationshoheit als Landrat das Büro eben selbst eingesetzt. Es kann keine Arbeitsgruppen um der Arbeitsgruppen willen geben, sondern um Ergebnisse zu erzielen.

 

Herr Bigge, unser neuer Klimaschutzmanager will mit allen Gemeinden Klimaschutzkonzepte erarbeiten und wir hoffen hier natürlich auf aufgeschlossene Gemeinden. Aber: Ebenso wie wir bei der Kontrolle der Schulen nicht aus der Verantwortung entlassen sind, so entlastet uns auch der Klimaschutzmanager nicht. Und alle haben hoffentlich mittlerweile begriffen, dass Klimaschutz mehr ist als die energetische Beratung von Häuslebauern und die pure Untersuchung des Energieverbrauchs von Gebäuden.

 

Machen Sie sich bitte klar:

Statistisch bräuchten wir nur um den Strom für die Haushalte im Landkreis Forchheim zu decken 130.000 Megawattstunden Strom, das entspricht der jährlichen Erzeugung von 22 Windrädern mit einer Leistung von 3 MW. Wir brauchen nicht das Klein-Klein, sondern den großen Wurf. Ich freue mich zu hören, dass Projekte mit der Franken-Energiegenossenschaft geplant sind. Lassen Sie doch Bürgerinnen und Bürger an PV-Anlagen auf Landkreis-Liegenschaften profitieren und Dächer für Bürgerenergiegesellschaften freigeben! Dann können wir an die bereits verwirklichten Projekte auf der Deponie Gosberg und dem Bauhof Neuses anknüpfen. Außerdem und das ist uns wichtig, sollten alle Mitglieder dieses Kreistags zu unserem Beschluss für die Windkraft stehen und sich offen und täglich dazu bekennen! Unser Ziel müssen möglichst viele Vorrangflächen sein, auf den wenigen windhöffigen Gebieten, die wir im Landkreis überhaupt haben. Und: Wir müssen Bürgerinnen und Bürger an diesem Prozess beteiligen. 

Wir Grüne erwarten uns viel von diesem letzten Jahr in der Wahlperiode. Wir haben schon kleine Schritte in Richtung nachhaltige Beschaffung gemacht mit unserem Antrag zur Fair-Trade und zu Mindestlöhnen, bspw. auch mit unserem Hinweis auf schadstofffreies Bauen.

 

Jetzt wollen wir die großen Schritte hin zu einer sozial-ökologischen Beschaffung und nachhaltigen Investitionen gehen und ich hoffe dass Sie diese gemeinsam mit uns beschreiten.

Wenn Sie das tun, Hr. Landrat werden Sie nächstes Jahr nicht nur unsere Zustimmung zum Haushalt, sondern auch zum Investitionsplan bekommen.

 

So, die Redezeit die unser Fraktionsvorsitzender all die Jahre eingespart hat, habe ich heute großzügig an mich gerissen. Vielen Dank für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit!