#Trump – Kopf in den Sand stecken hilft nichts

trumpDer erste Schock ist vorbei. Trump ist demokratisch gewählt, zwar nicht mit der Mehrheit gewählt, aber nach amerikanischem Wahlrecht demokratisch gewählt. Und dass muss man jetzt akzeptieren. Wer hätte wohl anderes vorgehabt, hier in Europa?

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Trügerische Ruhe – Wir dürfen uns nicht einlullen lassen

Es fällt aber auf, dass nach den Schockzuständen, die uns hier erfasst hatten, jetzt eine trügerische Ruhe gepredigt wird. PolitikerInnen rudern zurück, sei es von der Leyen in der Talkshow oder der österreichische Präsidentschaftskandidat der Grünen, van der Bellen. Man müsse erst abwarten, was passiert. Das ist grundsätzlich richtig.

Signale, die alarmieren

Aber wir dürfen uns jetzt auch nicht einschläfern lassen. Nach allem was man nur nach wenigen Tagen weiß, hat Trump bis jetzt nur wütende weiße Männer für Machtpositionen in seiner neuen Regierung besetzt. Er hat als erste ausländische Person Nigel Farage empfangen, einen der Strippenzieher des Brexit. Mit Putin bahnt sich eine Koalition der „Führungsstarken“ an. Eines der ersten Glückwunschtelegramme an Trump kam aus der Türkei. Innenpolitisch hat Trump gleich mit einem großen Coup begonnen: Die Besetzung der Umweltbehörde mit einem Klimawandelleugner und Vertreter der fossilen Industrien.

Wahlkampfagenda müssen wir ernst nehmen

Ja, wahlkämpfen ist etwas anderes als regieren. Aber warum sollte Trump seine Wahlkampfagenda nicht ernst gemeint haben? Viele Wahlkampfversprechen werden nicht gehalten. Aber zu erwarten, dass nun ein völlig neuer Trump unter der „Make America great again“ Kappe auftaucht, ist doch illusionär.

Gut, manche Schockszenarien wie das von Sarah Palin als Innenministerin vom Tisch sein, wenn man neuesten Berichten glaubt. Aber dieser SPON-Bericht ist dennoch sehr aktuell.

Niemand hat das Recht Menschenfeindlichkeit zu unterstützen

Marc Pitzke redet Klartext. Denn auch wenn von VerliererInnen und Abgehängten der Gesellschaft sehr viel die Rede ist. Rechtfertigt die eigene Verliererposition etwa einen Mann zu wählen, der Menschen aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Herkunft ihre Menschenwürde abspricht? Das muss uns besorgen!

Der Backlash der wütenden weißen Männer – Ist ihnen der Feminismus zu weit gegangen?

Und es besorgt mich auch die enorme Frauenfeindlichkeit, die bei diesem Wahlkampf zutage getreten ist. Das System der Frauenfeindlichkeit ist übrigens nie nur von Männern gestützt worden, und auch von diesen natürlich nur zu einem Teil.

Warum Frauen Trump wählen | Und warum zu wenige Menschen Hillary gewählt haben

Das Patriarchat ist ein Herrschaftssystem, das von der Mehrheit gestützt wird und deswegen natürlich auch von Frauen. Sie haben Angst aus vorgegebenen Verhaltensweisen auszubrechen, weil sie Nachteile fürchten. Sie brechen nicht aus Verhaltensweisen aus, weil sie ein empowerment, ein eigenes Handeln vielleicht auch nie kennengelernt haben. Sie haben den Frauenhass selbst in vielen Jahrzehnten „inhaliert“ und zu ihrer eigenen Einstellung gemacht. (Hierzu ist auch das Interview mit Lauren Groff interessant). Sie kennen das Modell der „starken Frau“ vielleicht nicht, zumindest kein positiv besetztes. Aber der „starke Mann“, die große Führungsfigur, das ist ein altes Bild. Daher haben Trump seine Frauenfeindlichkeiten leider nicht die Wahl gekostet, wie viele Medien geschrieben haben. Es haben ihn dennoch unglaubliche 42 % der Frauen und 53 % der weißen Frauen gewählt.

Lieber Trump als eine Frau wählen

Und dieser Präsidentschaftswahlkampf hatte trotz der vielen anderen Themen, trotz einer großen Komplexität eine wichtige Geschlechterkomponente. Hillary hat viele Fehler gemacht, sie war mit dem Establishment verwoben, sie hatte ihre E-Mail-Affäre usw. Aber niemals hätte ein männlicher demokratischer Kandidat mit der gleichen politischen Erfahrung so viel Häme eingesteckt und so schlecht abgeschnitten.

Eine fleißige nervige Streberin |

Männer wollen sie nicht akzeptieren und Frauen sind neidisch

Eine erfolgreiche Frau und noch dazu so eine Streberin. Jurastudentin, First Lady, Senatorin und schließlich sogar Außenministerin. Mit großem Fleiß und meistens gegen große Widerstände absolvierte sie fleißig alle nur möglichen Etappen, die in der amerikanischen Politik möglich sind. Es gab nie einen vergleichbaren Kandidaten/Kandidatin für das Präsidentschaftsamt mit dieser Erfahrung. Aber Fleiß reicht eben nicht. Das haben Frauen immer wieder erfahren müssen. Denn es kommt nicht darauf an, was frau geleistet hat. Es kommt noch nicht einmal darauf an, dass der Mediendiskurs auf ihrer Seite ist.

Keine Schwesternsolidarität

Es gab keine Schwesternsolidarität. Sondern vielleicht eher den Neid darauf, wie es eine andere Frau so weit schaffen konnte. Statt sie zu unterstützen, um mehr Frauen den Weg zu ebnen, attackieren Frauen die wenigen Frauen, die es geschafft haben und wagen den Kopf aus der Menge herauszustecken.

Die perfekte Zielscheibe für Trump

Wäre sie zu attraktiv gewesen, wäre sie nicht ernst genommen worden. Zu emotional hätte nicht gepasst. Aber zu distanziert, das war natürlich auch falsch. So gab sie die perfekte Zielscheibe für ihren genauen Widerpart Donald Trump ab. Er ist nicht als belesener Yale Law School Absolvent bekannt sondern als geldscheffelnder Immobilienhai. Er lebt nach dem alten Stil (sein Vorbild war Hugh Hefner) und er versucht sein Privatleben ähnlich wie der Playboy-Gründer zu gestalten.

Hillary als nasty woman

So stellte er Hillary als betrügerisch dar (er werde sie sofort nach der Wahl ins Gefängnis stecken) und als „nasty woman“ („bösartige Frau“). Er war sich auch nicht zu blöde, Bill Clintons Affären wieder auf den Tisch zu bringen und auch hierfür fast Hillary „verantwortlich“ zu machen. All das waren deutliche Angriffe auf sie als Frau, keine politischen Angriffe auf eineN KandidatIn.

Versteht mich nicht falsch, ich unterstütze politisch auch nicht alle von Hillarys Positionen, aber es ist offenkundig, dass sie diesen Wahlkampf auch als Frau und das in einem westlichen demokratischen Land verloren hat. Und das muss uns bestürzen.